Bundesamt für Privatversicherungen BPV

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Zur Neuausrichtung der Versicherungsaufsicht

Herbert Lüthy, Direktor BPV

Die fundamentale Neuausrichtung des Bundesamtes für Privatversicherungen (BPV) als Folge der schwierigen Lage der Versicherungswirtschaft und der Diskussion um den BVG-Mindestzinssatz wurde im Berichtsjahr weiter vorangetrieben. Im Einklang mit den Anforderungen des sich in der parlamentarischen Beratung befindlichen neuen Aufsichtsgesetzes (VAG) hat das BPV seine Anstrengungen im Bereich Versichertenschutz sowie der Erhöhung der Transparenz im Informationsaustausch zwischen den Akteuren im Versicherungsmarkt verstärkt. Gar eine europäische Vorreiterrolle nimmt das BPV mit dem Schweizer Solvenztest (SST) ein, der die Risikofähigkeit und damit die "Sicherheit" der Versicherer ermittelt.

Mit der Berufung des Unterzeichnenden zum Amtsdirektor mit Amtsantritt per 15.10.2002 war der Auftrag des Bundesrates erfolgt, das Amt neu auszurichten. Die Neuausrichtung verfolgt zwei Hauptziele:
  • Erstens die erkannten quantitativen und qualitativen Mängel zu beheben, wie sie speziell in den Gutachten M. Janssen und G. Schmid vom Herbst 2002 aufgezeigt worden waren. Es geht dabei vor allem darum, der Aufsichtsbehörde mehr Biss und mehr Kompetenz zu verschaffen, speziell in ihrer Haltung gegenüber den beaufsichtigten Unternehmungen.
  • Zweitens soll den Herausforderungen des veränderten Versicherungsmarktes Rechnung getragen werden. Dazu gehört vor allem, dass die Aufsichtsbehörde in der Lage sein muss, die neuartigen versicherungstechnischen und insbesondere auch finanztechnischen Risiken vorausschauend in den Griff zu bekommen. Durch entsprechende Vorschriften und Kontrollinstrumente muss gewährleistet sein, dass die Versicherten weder kurzfristig (durch Missbrauch) noch langfristig (durch Insolvenz einer Unternehmung) zu Schaden kommen.

Die Aufgaben der Neuausrichtung der Aufsicht wurden im Herbst 2002 in Angriff genommen, so dass die Arbeiten inzwischen zu einem guten Teil abgeschlossen sind.
Zur Bewältigung der grossen Aufgaben der Neuausrichtung wurden bereits in der Zeit zwischen Ende 2002 und Sommer 2003 acht grössere Projekte gestartet:
  • Task Force BPV zur Unterstützung bei der Ausarbeitung der Aufsichtsphilosophie;
  • Entwurf VAG (Versicherungsaufsichtsgesetz);
  • Entwurf AVO (Aufsichtsverordnung);
  • Schweizer Solvenztest;
  • Internes Verwaltungssystem;
  • Organisationsstruktur BPV;
  • Aufsichts-Wegleitung; Umsetzung VAG/AVO;
  • Ausbau BPV, Ausbildung, Kulturwandel.

Diese Projekte waren teilweise äussert umfangreich und mussten in bis zu zehn Unterprojekte zerlegt werden. Am intensivsten waren die Arbeiten zum Aufsichtsgesetz, zur Aufsichtsverordnung und zum Schweizer Solvenztest. Die Hauptlast der Arbeiten lag bei den Mitarbeiter/innen des BPV. Teilweise wurden auch externe Experten beigezogen sowie vom BPV ausgewählte Spezialisten aus Beratungsfirmen, Treuhandfirmen und der Wissenschaft. Vertreter der Versicherungswirtschaft wurden und werden lediglich beim Projekt 4 (Swiss Solvency Test) beigezogen.
Neben den genannten acht Projekten, wurden zwei weitere grosse Projekte gestartet, die aber mit der Neuausrichtung nicht direkt zu tun haben:
  • Mitwirkung bei Entwurf FINMAG (Finanzmarktaufsichtsgesetz);
  • Entwurf VVG (Versicherungsvertragsgesetz).

Projekt 9 (Mitwirkung beim Finanzmarktaufsichtsgesetz) ist in anderem Zusammenhang ausführlich kommuniziert worden und soll hier nicht weiter ausgeführt werden. Auf Projekt 10 (VVG) wird im nachfolgenden Artikel kurz eingegangen.

Die drei Phasen der Neuausrichtung
Die Arbeiten zur Neuausrichtung lassen sich in drei Phasen einteilen, die sich überschneiden:
Phase 1: Philosophie und Grundsätze
  • Task Force BPV. Die Task Force aus externen Experten unter der Leitung des BPV hatte ihre Grundsätze bereits im März 2003 formuliert. Dank der speditiven Arbeitsweise des Gremiums konnte das Resultat - die neue Aufsichtsphilosophie - in den VAG-Entwurf eingearbeitet werden. Am 1. August 2003 wurde der Bericht der Task Force veröffentlicht. Daraufhin wurde die Task Force aufgelöst. Auch an dieser Stelle sei der Task Force für ihren grossen Einsatz bestens gedankt. Mit Genugtuung kann zudem festgestellt werden, dass der für diese Arbeiten bewilligte Kredit nicht vollständig aufgebraucht werden musste.
  • Entwurf VAG. Der Entwurf wurde im Mai 2003 vom Bundesrat verabschiedet und den Eidgenössischen Räten zur Behandlung überwiesen. Über den Stand der Beratungen und die wichtigsten Änderungen durch das Parlament informiert der nachfolgende Beitrag "Totalrevision VAG/Teilrevision VVG".

Die 1. Phase der Neuausrichtung konnte bereits im Sommer 2003 abgeschlossen werden. Die Aufsichtsphilosophie und deren Umsetzung im Aufsichtsgesetz (VAG) war damit festgelegt. Die parlamentarischen Beratungen zum VAG konnten daher bereits im Sommer 2003 beginnen. Zum Zeitpunkt der Niederschrift dieser Zeilen befindet sich das VAG noch in der Phase der Differenzbereinigung.

Phase 2: Konkretisierung
  • AVO (Aufsichtsverordnung). Parallel zum VAG, welches verschiedene Erlasse in einem Gesetz zusammenfasst, ersetzen die Ausführungsbestimmungen mehrere bisherige Verordnungen. Darum ist die AVO äusserst umfangreich und komplex. Dennoch ist sie nicht grösser als die Summe der bisherigen Verordnungen. Zudem werden zusätzlich neue Aspekte geregelt, wie in diesem Bericht ausgeführt wird. Der Entwurf der AVO konnte Mitte August 2004 in die Vernehmlassung gegeben werden. Die Stellungnahmen sollen Ende November 2004 beim BPV eintreffen. Anschliessend erfolgt die Bereinigung der AVO aufgrund der Stellungnahmen - soweit dies aus der Sicht des Bundesrates als sinnvoll erachtet wird. Die Verordnung (wie auch das VAG) dürfte wohl nicht vor dem 01.07.2005 in Kraft gesetzt werden.
  • Swiss Solvency Test. Eine wesentliche Neuerung ist der Swiss Solvency Test (SST), ein neuartiger Ansatz zur Ermittlung der Risikofähigkeit der Versicherer. Ein Beitrag in diesem Amtsbericht informiert ausführlich über den SST.
  • Internes Verwaltungssystem. Im Herbst 2003 wurde ein Projekt für eine betriebsspezifische elektronische Geschäftsverwaltung (GEVER) im BPV lanciert, welche auf Ende 2004 eingeführt wird. Die elektronische Geschäftsverwaltung integriert die Standard-Anwendungen der Büroautomation (etwa Word, Excel und
E-Mail (Outlook)). Sie basiert auf der Standardsoftware Fabasoft. GEVER optimiert im BPV die zentralen Funktionen der Geschäftskontrolle, der Ablaufsteuerung und der Aktenführung. Die Standartsoftware wird bereits in einigen Bundesämtern erfolgreich eingeführt. Zudem hat auch das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) sich für einen Einsatz dieser Plattform entschieden.
  • Neue Organisationsstruktur BPV per 01.07.04. Mit Wirkung ab 01.07.2004 wurde das BPV organisatorisch neu strukturiert. Diese Umstrukturierung bedeutet eine sehr tief greifende Reform. Bisher war die Aufsicht durch Teams durchgeführt worden, welche nicht nach fachlichen Kriterien aufgegliedert waren. Diese Organisationsform verlangte, dass in allen Teams das gesamte Fachwissen vorhanden sein musste. Diese Anforderung hatte den Nachteil, dass sie nur begrenzte fachliche Vertiefung erlaubte. Neu werden die Organisationseinheiten nach fachlichen Kriterien gebildet, insbesondere nach Schaden-, Leben-, Kranken -und Rückversicherung. Dies soll zu einer ganz wesentlichen fachspezifischen Vertiefung führen. Ziel ist es, die aufsichtsrelevanten Vorgänge einer Versicherungsunternehmung sehr genau zu kennen und überprüfen zu können. Dazu gehören technische Aspekte wie speziell die Berechnung der Rückstellungen, der Solvabilität und des Zielkapitals (cf. Artikel zum SST), Fragen der Kapitalanlage und Rechnungslegung, wie auch nicht quantifizierbare Fragen des Risiko Managements oder der Corporate Governance. Die Zusammenführung pro Gesellschaft, insbesondere bei Gruppen und Konglomeraten, ist gesondert geregelt. Neben der üblichen Aufsichtstätigkeit werden einige Spezialistenteams aufgebaut, und speziell wird auch eine Einheit Entwicklung und Forschung eingeführt. Bei dieser Umstrukturierung sind einige neue Kaderpositionen entstanden, die alle auch extern ausgeschrieben wurden. Ziel des Amtsdirektors BPV war es, sowohl in der neuen Geschäftsleitung als auch der nächsten Hierarchiestufe eine Mischung aus bisherigen Mitarbeitern und Externen zu erhalten. Dieses Ziel konnte nach intensivem Auswahlprozedere erreicht werden.

Auch diese Phase ist in wesentlichen Punkten bereits abgeschlossen. Die rechtliche Verankerung in der Verordnung liegt im Entwurf vor. Der Swiss Solvency Test, als Kernstück der neuen prudentiellen Aufsicht, ist zu wichtigen Teilen im Entwurf vorhanden. Es bedarf aber noch intensiver Arbeit während vieler Monate, bis er als ein wichtiges künftiges Aufsichtsinstrument zum obligatorischen Rüstzeug aller Gesellschaften und der Aufsicht wird.

Phase 3 Umsetzung
  • Neue Aufsichts-Wegleitung. Basierend auf Gesetz und Verordnung wird zurzeit im BPV bereits daran gearbeitet, eine konkrete Aufsichts-Wegleitung zu erarbeiten, welche eine systematische Aufsicht im Einzelnen definiert. Die Erkenntnisse aus den genannten Projekten und den Arbeiten an den Ausführungsbestimmungen werden laufend umgesetzt. Es ist geplant, dass die gesamte Wegleitung Mitte 2005 vorliegen soll.
  • Ausbau, Ausbildung, Kulturwandel. Die neue Aufsichtsphilosophie bringt der Aufsicht zusätzliche Aufgaben und einen Mehraufwand. Das BPV muss deshalb ausgebaut werden. Die entsprechenden Ausbaupläne wurden dem Bundesrat vorgelegt, der darüber im August befunden hat. Der personelle Ausbau hat bereits begonnen. Damit das BPV den Ausbau und den damit verbundenen zusätzlichen Arbeitsaufwand bestmöglich verdauen kann, erfolgt er schrittweise und erstreckt sich über die nächsten drei Jahre. Mit der neuen Aufsichtsphilosophie und dem für ihre Umsetzung unerlässlichen Kulturwandel müssen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BPV geschult werden. Die Pläne für die systematische Ausbildung sind in Ausarbeitung.
      Auch die Arbeiten für diese letzte Phase laufen bereits auf Hochtouren. Sie dürfte in der Grössenordnung von zwölf Monaten ebenfalls abgeschlossen sein.

Ausblick

Das BPV hat einen grossen Teil des Wegs zur Neuausrichtung zurückgelegt: Die Phase 1 (Aufsichtsphilosophie/Grundsätze) ist vollständig und die Phase 2 (Konkretisierung) zu einem wesentlichen Teil abgeschlossen.
In den nächsten 12 Monaten stehen im BPV noch einige Folgearbeiten der Phase 2 an, insbesondere die definitive Verabschiedung und Inkraftsetzung der Aufsichtsverordnung. Daneben rücken die Arbeiten für die Phase 3 - die Umsetzung der Neuausrichtung in die Alltagstätigkeit, insbesondere der Abschluss der Arbeiten am Swiss Solvency Test und die interne Verabschiedung der Aufsichts-Wegleitungen - ins Zentrum. Das BPV hat also ein spannendes Jahr vor sich. Aber auch ein arbeitsreiches: denn nebst diesen intensiven Arbeiten zur Neuausrichtung muss auch die zentrale alltäglichen Aufsichtstätigkeit gewissenhaft wahrgenommen werden.
Aber auch nach Abschluss der eigentlichen Neuausrichtung werden die Bemühungen um die Gestaltung einer möglichst optimalen Aufsicht mit optimalem Kosten/Nutzen-Verhältnis weitergehen und wohl nie abgeschlossen sein.
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