Peter Heinz Bader, BPV
Ernst Schneebeli, BPV
In den letzten Jahren wurden die Lebensversicherer immer mehr mit der Forderung konfrontiert, ihre Daten offen zu legen. Der Ruf nach mehr Transparenz und die Zurückhaltung durch Anbieter der beruflichen Vorsorge, diese zu gewähren, bewirkten verschiedene politische Vorstösse. Sie führten schliesslich zu den Transparenzvorschriften für alle Institutionen, die sich mit der beruflichen Vorsorge befassen. Im Folgenden werden die auf den 1. April dieses Jahres in Kraft gesetzten Transparenzvorschriften für die Lebensversicherer und insbesondere die Mindestausschüttungsquote der erzielten Erträge in der beruflichen Vorsorge betrachtet.
1. Rückblick
1.1 Transparenz bei der Einführung des BVG
Als 1985 das BVG eingeführt wurde, bestand das Ziel, zusammen mit den AHV-Renten im Alter ein Einkommen von rund 60% des Erwerbseinkommens zu erreichen. Dieses Leistungsziel bei vorgegebenen Prämien, insbesondere vorgegebenen Sparprämien, sollte erreicht werden können, wenn der BVG-Mindestzinssatz in etwa der Summe aus Teuerung und Reallohnanstieg entspricht (als sog. "goldene Regel" bezeichnet). Die damals aufgestellten Vorschriften und Vorgaben zu den Prämien und zu den Leistungen wurden auch als der Transparenz genügend gewertet. Der Versicherte konnte im obligatorischen Teil nachvollziehen, was er bei seiner Vorsorge zu finanzieren hat und welche Leistungen er in den Ereignisfällen Alter, Tod oder Invalidität erwarten darf. Nachdem die meisten Pensionskassen und Sammelstiftungen - insbesondere diejenigen der Lebensversicherer - auch im überobligatorischen Teil gleiche Parameteransätze verwendeten, durfte davon ausgegangen werden, dass der Versicherte auch hier genügend Einblick in die ihn betreffenden Prämien und Leistungen erhalten wird.
1.2 Haltung der Lebensversicherer
Auch wenn einzelne Leistungserbringer bei Einführung des BVG die verschiedenen gesetzlichen Vorgaben, insbesondere die Mindestleistungsvorgaben (Mindestzinssatz für die Verzinsung der Altersguthaben, Mindest-Rentenumwandlungssatz), kritisierten, so konnte davon ausgegangen werden, dass sich in der beruflichen Vorsorge weiterhin Gewinne erzielen liessen, allerdings im Gegensatz zu anderen Geschäftsfeldern in beschränktem Ausmass. Dabei sollten vor allem die Versicherten in hohem Ausmass an diesen Gewinnen beteiligt werden: direkt in Form von Überschussbeteiligung und indirekt in Form von Verstärkung der Rückstellungen für laufende Renten. Immerhin handelte es sich ja um einen Teil der Sozialversicherung, wo nicht einfach Gewinne zugunsten Dritter verwendet werden dürfen. Diese Sichtweise änderte sich auch nicht grundlegend, als auf den 1.01.1995 das Gesetz und die Verordnung zur Freizügigkeit eingeführt wurden.
1.3 Wenig Interesse an der Transparenz
In einer ersten Phase nach der Einführung des BVG gingen einzelne Lebensversicherer dazu über, für ihre Kollektivversicherung und damit für die berufliche Vorsorge Jahresrechnungen und Gewinnanalysen zu erstellen und ihren Versicherungskunden zu übergeben. Solche Angebote von transparenten Darstellungen wurden jedoch von den Versicherten, Arbeitgebern und Vorsorgekommissionen kaum benützt. Dagegen interessierten sich vor allem die sich konkurrierenden Lebensversicherer dafür, um sich im zunehmend härteren und freien Wettbewerb einen Vorteil zu verschaffen, weshalb diese Informationen zugunsten der Versicherungskundschaft in der Folge weitgehend eingestellt wurden.
1.4 Kontrollfunktion der Aufsichtsorgane
Basierend auf den eingeführten gesetzlichen Vorgaben, einschliesslich der Vorschriften über die Prüfung der Vorsorgeeinrichtungen durch anerkannte oder diplomierte Experten, vermochte die Aufsicht (BSV, BPV sowie kantonale Aufsichtsorgane) über autonome Stiftungen, Sammelstiftungen und auch die Lebensversicherer allen an sie gestellten Ansprüchen zu genügen. Im Zentrum stand der Schutz der Versicherten, so wie er auch heute noch im Zentrum steht. Im Besonderen hatte das BPV die Versicherer zu beaufsichtigen. Die Aufsicht basierte auf der so genannten materiellen Kontrolle, d.h. es bestand eine Produkte- und Tarifprüfung, eine Prüfung der Geschäftspläne und ihrer Einhaltung sowie insbesondere die Kontrolle über die notwendigen resp. gesetzlich vorgeschriebenen Mindestmittel zur Unterlegung der Geschäftstätigkeit (Sicherungsfonds, Solvabilität). In den 90er-Jahren hingegen erfolgten schrittweise Anpassungen an die in der EU beschlossenen und in den einzelnen Ländern umgesetzten Richtlinien. Die materielle Kontrolle sollte weitgehend entfallen und an ihre Stelle die Kontrolle der Bestimmung der Solvabilitätsspanne sowie ihrer Bedeckung treten. Eine Ausnahme werden in der Schweiz die Krankenzusatzversicherung und die Versicherungen der beruflichen Vorsorge bilden. In diesen Bereichen soll die materielle Kontrolle beibehalten werden.
2. Marktentwicklungen und ihre Folgen
2.1 Entwicklungen an den Aktienmärkten und deren Einfluss in den Bilanzen
In früheren Jahren tätigten autonome Stiftungen und Sammelstiftungen sowie insbesondere auch die Lebensversicherer aufgrund von Vorschriften und internen Richtlinien die Kapitalanlagen sehr vorsichtig. ALM-Methoden zur optimalen Abstimmung der Verpflichtungen auf der Passivseite mit den Kapitalanlagen auf der Aktivseite kamen nur beschränkt zur Anwendung, zumal sich die langfristigen Garantien nie durch entsprechende Kapitalanlagen absichern liessen. Dem Vorsichtsprinzip folgend wurde wenig in Aktien investiert: bei den meisten institutionellen Anlegern, welche die berufliche Vorsorge betrieben, unter 5%. Als sich eine positive Entwicklung an den Aktienbörsen abzeichnete, wurde rasch die Quote der Kapitalanlagen im Rahmen der gültigen Vorschriften (BVV 2, LeVV) in Aktien erhöht. Die mit der Vorsorge betrauten Institutionen und insbesondere auch die Lebensversicherer nutzten diesen Spielraum, die Performance stieg rasch und markant an, d.h. es stiegen einerseits die Bewertungsreserven und andererseits die realisierten Zinserträge (Zinserträge inkl. realisierter Gewinne und Verluste). Letztere bildeten die Grundlage für Leistungsverbesserungen, für Beitragskürzungen sowie für die Speisung notwendiger technischer Rückstellungen, die aus den Prämieneinnahmen nicht finanziert werden konnten. Bei den Lebensversicherern waren sie die Grundlage zur Ermittlung der Überschussbeteiligung zugunsten ihrer Kunden resp. zugunsten der den Sammelstiftungen angeschlossenen Vorsorgewerke. Die Bewertungsreserven andererseits mussten aufgrund neuer Rechnungslegungsvorschriften (u.a. bei Anwendung von IAS für die Konsolidierung von international tätigen Unternehmen) als Eigenkapital dargestellt werden, auch wenn ihre Entstehung hauptgewichtig auf Investitionen zurückzuführen war, welche mit Mitteln der Versicherten getätigt wurden. Damit begann die Begehrlichkeit, diese Mittel - davon betroffen waren nunmehr primär die Versicherer - wirklich als Eigenkapital anzusehen und für die Umsetzung strategischer Ziele zu verwenden. Das Eigenkapital diente zwar immer noch als Puffer zum Auffangen von Schwankungen, die Anlage der entsprechenden Gelder erfolgte jedoch nicht mehr mit der früheren Vorsicht.
2.2 Verhalten der Vorsorgeeinrichtungen
Die Vorsorgeeinrichtungen in der Form autonomer Stiftungen oder Sammelstiftungen informierten ihre Versicherten in recht unterschiedlicher Form. Es ergaben sich kaum Forderungen nach eingehenden Informationen, solange die Vorsorgeeinrichtungen einen genügenden Deckungsgrad aufwiesen. Ursache der Zufriedenheit mit den Informationen bildete sicher der Umstand, dass eine autonome Vorsorgeeinrichtung alle Mittel ausschliesslich zugunsten der Versicherten, niemals aber zugunsten von Dritten verwenden konnte. Ganz anders bei den Lebensversicherern. Sie wurden immer mehr konfrontiert mit der Forderung, ihre Daten offen zu legen, damit nachweisbar werde, dass ihre erwirtschafteten Gewinne weitgehend den ihren Sammelstiftungen angeschlossenen Vorsorgewerken und damit den Versicherten zugute kommen. Im politischen Umfeld und auch in der Presse erfolgte zunehmend der Ruf nach mehr Transparenz, doch entschlossen sich die Lebensversicherer nicht zugunsten einer Wiederaufnahme von Informationen, welche sie - wie oben erwähnt - einst ihren Versicherungskunden zur Verfügung stellten. Eine freiwillige Wiederaufnahme solcher Informationen (d.h. der Offenlegung der Verwendung der Zinserträge inkl. der realisierten Gewinne und Verluste und der Veränderung der Bewertungsreserven) hätte im Nachhinein zeigen können, dass die Gewinne über viele Jahre weitgehend, d.h. meist einige Prozentpunkte über 90%, den betroffenen Versicherten in Form von Überschussbeteiligung und in Form von Rückstellungen für Versicherungsleistungen zugekommen sind.
2.3 Politische Reaktionen
Die Zurückhaltung bei der Gewähr einer weitgehenden Transparenz durch Institutionen, welche die berufliche Vorsorge betrieben, bewirkte verschiedene politische Vorstösse. Es entstanden gesetzliche Vorgaben, welche für alle Institutionen Vorgaben zur Transparenz über die berufliche Vorsorge enthielten. Die Lebensversicherer waren überdies konfrontiert mit der Auflage, den Sicherungsfonds in einen für die berufliche Vorsorge und einen für das übrige Versicherungsgeschäft aufzutrennen, sowie mit der Auflage, im Bereich der beruflichen Vorsorge eine Mindestausschüttungsquote der erzielten Gewinne zugunsten der Versicherten einzuführen (die so genannte "Legal Quote").
3. Ausbau und Umsetzung der Transparenznormen
3.1 Transparenz und Mindestausschüttungsquote
Transparenzvorschriften wurden für alle mit der beruflichen Vorsorge sich befassenden Institutionen vorgegeben. Im Folgenden jedoch werden die auf den 1. April 2004 in Kraft gesetzten Transparenznormen und im Besonderen die erwähnte Mindestausschüttungsquote betrachtet, welche die privaten, in der beruflichen Vorsorge tätigen Lebensversicherer betreffen. Dieses Vorhaben wurde durch den Einbau von Art. 6a in das geltende Lebensversicherungsgesetz (LeVG; SR 961.61) verwirklicht. Auch an die Lebensversicherer richten sich weitere Transparenzbestimmungen, die explizit neu ins BVG aufgenommen worden sind: Art. 68 Absätze 3 und 4 sowie Art. 68a. Durch den Einbau der Transparenzbestimmungen in das geltende Lebensversicherungsgesetz und die Anpassung der entsprechenden Verordnungsbestimmungen wird die Basis für eine nachvollziehbare Ermittlung und Zuteilung der Überschussbeteiligung in der beruflichen Vorsorge gelegt.
3.2 Umsetzung der Transparenzvorschriften
Sowohl die Verpflichtungen aus der Lebensversicherung zur Ermittlung des Sollbetrags des Sicherungsfonds wie auch die bedeckenden Vermögenswerte sind aufzuteilen. Dabei sind folgende Grundsätze einzuhalten:
a. Bestimmung des Sollbetrags
Das BPV hat den Begriff des "geschäftsplanmässig berechneten Deckungskapitals" in seiner langjährigen Praxis immer extensiv ausgelegt. Dies bedeutet, dass im geschäftsplanmässig berechneten Deckungskapital unter Anderem auch folgende Komponenten mitzuberücksichtigen sind:
- Rentenverstärkungen und Rückstellungen für Langlebigkeit;
- Rückstellungen für die Garantie des Rentenumwandlungssatzes;
- Rückstellungen für Zinsgarantien;
- Schwankungsrückstellungen zum Auffangen technischer Risiken (z.B. Schwankungen im Verlauf von Sterblichkeit, Invalidisierungswahrscheinlichkeit, Invaliditätsdauer u.a. statistisch gemessenen Merkmalen der versicherten Risiken);
- Teuerungsfonds;
- Alterungsrückstellungen;
- Rückstellungen für Tarifumstellungen und Tarifsanierungen;
- Ins Deckungskapital eingebaute Überschussanteile;
- Rückstellung für Ansprüche auf Schlussdividende;
- Rückstellung für noch nicht aufgebrauchte Verwaltungskostenbeiträge.
Die Berechnung des Deckungskapitals erfolgt auf statutarischer Basis, das heisst es wird mit den gleichen Methoden gerechnet wie im technischen Jahresabschluss, auf welchen sich der statutarische Jahresabschluss abstützt.
b. Aufteilung der bedeckenden Kapitalanlagen
Die Aufteilung der bedeckenden Kapitalanlagen wird grundsätzlich physisch vorgenommen. Jeder Lebensversicherer hat für seine Verpflichtungen im Rahmen der beruflichen Vorsorge dem BPV das Aufteilungsmodell zur Genehmigung vorzulegen. Das BPV prüft die Zuteilung der bis anhin im gemeinsam verwalteten Sicherungsfonds befindlichen Werte zu den gesonderten Sicherungsfonds.
Das BPV verzichtet im Sicherungsfonds für die Verpflichtungen aus der beruflichen Vorsorge auf die 90%-Anrechnungsregel für Immobilien, Aktien und Anlagefondsanteile. Damit wird im Bereich der beruflichen Vorsorge das Kapitalanlageregime für die privaten Lebensversicherer dem Kapitalanlageregime für autonome und teilautonome Vorsorgeeinrichtungen angeglichen.
Im Gegensatz zu den autonomen und teilautonomen Vorsorgeeinrichtungen dürfen Lebensversicherer weiterhin keine Unterdeckung aufweisen, d.h. sie müssen deshalb in ihrer Kapitalanlagetätigkeit weit vorsichtiger sein als autonome Vorsorgeeinrichtungen. Entsprechend erhalten die Versicherungsnehmenden (Stiftungen resp. Sammelstiftungen und schliesslich auch die Versicherten) im Falle der vollen Garantieverpflichtung durch den Versicherer die Sicherheit der vollständigen Bedeckung des geschäftsplanmässig berechneten Deckungskapitals durch Kapitalanlagen.
c. Sicherstellung der Transparenz
Basierend auf dem neuen Art. 49a der Lebensversicherungsverordnung wird das BPV als Aufsichtsbehörde über die privaten Lebensversicherer auch dafür zu sorgen haben, dass die nötigen Angaben zur Verfügung stehen, um die geforderte Transparenz auf Stufe Vorsorgeeinrichtung gewährleisten zu können. Der Lebensversicherer hat zu Handen der eigenen Sammelstiftungen sowie der versicherten Vorsorgeeinrichtungen diejenigen Informationen bereitzustellen, welche zur Erfüllung der neu im BVG eingebauten gesetzlichen Informationspflichten an die Versicherten benötigt werden.
3.3 Umsetzung der Mindestausschüttungsquote
Man hätte sich durchaus auf den Standpunkt stellen können, dass die Ausschüttungsquote dem Spiel der Marktkräfte überlassen wird. Die Bildung und Ausschüttung von Überschüssen ist jedoch eine sehr komplexe technische Materie und für damit nicht vertraute Versicherungsnehmer intransparent. Das Parlament hat daher beschlossen, eine gesetzliche Leitplanke in Form einer Mindestausschüttungsquote einzuführen. Die Mindestausschüttungsquote soll für eine angemessene Überschussbeteiligung der Versicherten sorgen.
Bei den festgelegten 90% handelt es sich um eine Quote, die auf den Nettoerträgen basiert. Das heisst, dass von den Erträgen aus dem Spar-, dem Risiko- und dem Kostenprozess 90% den Versicherungsnehmern zugeteilt wird. Dieser Betrag wird in einem ersten Schritt verwendet für Leistungen und Aufwendungen zugunsten der Versicherungsnehmer sowie für die Speisung der notwendigen versicherungstechnischen Rückstellungen. In einem zweiten Schritt werden bei verbleibendem positivem Saldo nötige Schwankungsrückstellungen, Verstärkungen und die Zuweisung an die Rückstellung für zukünftige Überschussbeteiligung vorgenommen. Bei verbleibendem negativem Saldo werden allenfalls nicht benötigte Rückstellungen aufgelöst. Reicht diese Massnahme nicht aus, wird auf die dem Risikokapitalgeber zugeteilte Quote von 10% zurückgegriffen.
Eine Mindestausschüttungsquote von 90% ist eine Mindestvorschrift, die Wettbewerb noch zulässt. Es ist einem Lebensversicherungsunternehmen hingegen unbenommen, mehr als die Mindestquote von 90% auszuschütten. Es ist aber auch der Aufsichtsbehörde möglich, die Mindestausschüttungsquote bei einem Lebensversicherer in einer besonderen Situation anzuheben.
Trotz der Besonderheit des schweizerischen Modells für die berufliche Vorsorge hat das BPV einen Vergleich mit ausländischen Regelungen vorgenommen. Eine eigentliche Mindestausschüttungsquote kennen zum Beispiel auch Deutschland oder Frankreich. Der vorliegende Ansatz für die berufliche Vorsorge in der Schweiz lehnt sich stark an die deutsche Regelung an. Die in der Schweiz nun vorgegebene Mindestausschüttungsquote ist gegenüber der deutschen einiges restriktiver was die Gewinne bei den Risiko- und Kostenprämien betrifft. Sie ist somit die wohl europaweit strengste Vorschrift zugunsten der Versicherten.
Um die Solvenz eines Lebensversicherers im Sinne von Art. 5 des Lebensversicherungsgesetzes (LeVG) zu gewährleisten, bedarf es der Risikofähigkeit. Die Spanne von maximal 10% sollte es dem Lebensversicherer erlauben,
- das nötige Risikokapital aufzubauen
- oder es am Markt aufzunehmen und zu entschädigen.
Beides ist notwendig, um Solvenz- oder Risikokapital zu bilden, welches die Versichertengemeinschaft gegen die übernommenen Risiken schützt.
4. Engagement des BPV
4.1 Aufsichtsfunktion des BPV
Die Aufsichtfunktion des BPV dient dem Schutz der Versicherten (VAG Art. 1). Dabei sind alle Versicherten gleichermassen zu behandeln, was insbesondere auch bedingt, dass das BPV die Solvenz (Sicherungsfonds oder gebundenes Vermögen sowie die Solvabilitätsspanne) laufend überwacht.
Die Überwachung der Solvenz sowie auch der gesamten Tätigkeit der Versicherer wird streng gehandhabt. Dies hat beispielsweise zur Folge, dass höchstens ein knappes Drittel der von den Lebensversicherern eingereichten Anträge zur Änderung von allgemeinen Versicherungsbedingungen und Tarifen sowie der Angaben zur Solvenz umgehend nach erfolgter Prüfung gutgeheissen und genehmigt werden kann. In vielen Fällen bedarf es weiterer Abklärungen oder Abänderungen des Antrags, in etlichen Fällen werden Anträge definitiv zurückgewiesen, in einzelnen Fällen muss das BPV sogar anders lautende direkte Anweisungen erteilen.
4.2 Aufgaben des BPV im Zusammenhang mit der Umsetzung der Transparenzvorschriften
a. Auftrennung des Sicherungsfonds
Das BPV hat gemäss den gesetzlichen Vorgaben die Trennung des bisherigen Sicherungsfonds für die Lebensversicherung in einen für die berufliche Vorsorge und einen zweiten für das übrige Versicherungsgeschäft zu überwachen. Die Lebensversicherer haben hierzu die vom BPV bezeichneten Unterlagen einzureichen, das Aufteilungsmodell und ihr Vorgehen bis ins Detail zu beschreiben sowie ihren Vorgehensplan mit dem Aufteilungsmodell zur Genehmigung zu unterbreiten. Eine detailliertere Beschreibung der Grundsätze und des Vorgehens zur Auftrennung des Sicherungsfonds kann in Kapitel 3.2 der Erläuterungen zum Verordnungsentwurf eingesehen werden.
b. Raster für die neue Betriebsrechnung
Ein Grobraster für die neue Betriebsrechnung ist im neuen Art. 6a des Lebensversicherungsgesetzes bereits vorgegeben. Es ist zu unterscheiden zwischen dem Ausweis gegenüber den Versicherten, gegenüber den Versicherungsnehmern (Vorsorgeeinrichtungen, Sammelstiftungen etc.) und gegenüber dem BPV als Aufsichtsbehörde. Grundlage für die Erstellung der Betriebsrechnung ist der statutarische Rechnungsabschluss nach den Regeln des OR und den überlagernden Regeln des Aufsichtsrechts. Er besteht aus Bilanz, Erfolgsrechnung und Anhang. Aufbauend auf dieser Grundlage erarbeitet das BPV zusammen mit dem BSV, Rechnungslegungsspezialisten grosser Revisionsgesellschaften und Experten der Versicherungsmathematik ausführliche Vorschriften für die Führung und Darstellung der Betriebsrechnung.
c. Überschussbeteiligungs-Plan für das Geschäftsjahr 2004
Die Lebensversicherer haben den Vorsorgeeinrichtungen und ihren Versicherten jährlich eine nachvollziehbare Abrechnung über die Überschussbeteiligung vorzulegen. Aus dieser Abrechnung muss insbesondere ersichtlich sein, auf welchen Grundlagen die Überschussbeteiligung berechnet und nach welchen Grundsätzen sie verteilt wird. Um die Erfüllung dieser Verpflichtung zu gewährleisten, wird das BPV die Überschusspläne der Lebensversicherer vor ihrer Anwendung sorgfältig auf die korrekte Umsetzung der neuen Transparenzvorschriften des Lebensversicherungsgesetzes und des BVG prüfen. Erstmalig geschieht dies für das Geschäftsjahr 2004. Eine ausführlichere Beschreibung des Mechanismus zur Überschussermittlung und -zuteilung findet sich in den Erläuterungen zum Verordnungsentwurf in Kapitel 3.4.
d. Neuordnung der Geschäftspläne für die Bewirtschaftung der technischen Rückstellungen
Der Aufbau sowie die Auflösung von technischen Rückstellungen darf nur aufgrund geschäftsplanmässiger Regelungen vorgenommen werden. Diese Regelungen sind vorgängig vor ihrer erstmaligen Anwendung der Aufsichtsbehörde zur Genehmigung vorzulegen. Das BPV stützt sich bei der Beurteilung dieser Regelungen auf das eigene Know how, auf Empfehlungen der Fachgremien sowie auf anerkannte internationale Standards ab. Dabei achtet das BPV auch auf die Qualität der Rückstellungen (biometrische Grundlagen, Abschätzung zukünftiger Risiken) und ebenso auf die Bewirtschaftung der Rückstellungen (Abbau nicht mehr benötigter Rückstellungen, Berechnungsmodelle, IT-Lösungen).
e. Swiss Solvency
Eine weitere wichtige Sicherstellung der Solvenz soll im neuen Versicherungsaufsichtsgesetz aufgenommen werden. Die bisherige einfache Art der Bestimmung der Solvenzspanne und deren Bedeckung beachtet die Risikofähigkeit eines Versicherers nicht genügend. Im BPV werden zurzeit neue Ansätze unter dem Begriff Swiss Solvency geprüft. Sie sollen den durch die Versicherer eingegangenen Risiken besser gerecht werden.
5. Fazit
Im Rahmen der ersten BVG-Revision hat der Gesetzgeber neue Transparenzvorschriften für die privaten Lebensversicherer im Rahmen der beruflichen Vorsorge vorgesehen. Dieses Vorhaben ist durch den Einbau von Art. 6a in das geltende Lebensversicherungsgesetz verwirklicht worden. An die privaten Lebensversicherer, welche Versicherungsverträge im Rahmen der beruflichen Vorsorge abschliessen, richten sich zudem weitere Transparenzbestimmungen, die explizit neu ins BVG aufgenommen worden sind: Art. 68 Absätze 3 und 4 sowie Art. 68a.
Dieser Bericht leuchtet vor allem die Vorgeschichte (Kapitel 1), die Motiviation (Kapitel 2) und die grossen Linien (Kapitel 3) zur Einführung der neuen Transparenzvorschriften für die in der beruflichen Vorsorge tätigen privaten Lebensversicherer aus. Eine ausführlichere Darstellung der drei Hauptstossrichtungen der neuen Transparenzvorschriften,
- Abtrennung eines besonderen Sicherungsfonds für die berufliche Vorsorge
- Ausweis einer jährlichen Betriebsrechnung für die berufliche Vorsorge, die insbesondere auch eine Aufstellung der Verwaltungs- und Vertriebskosten enthält
- Erlass von Regeln zur Ermittlung und Verteilung der Überschussbeteiligung sowie Einführung einer Mindestausschüttungsquote für die überschussberechtigten Versicherungspläne der beruflichen Vorsorge
findet sich in den Erläuterungen zum Verordnungswerk sowie im Rundschreiben des BPV an die in der beruflichen Vorsorge tätigen privaten Lebensversicherer vom 30. April 2004.
In einem gesonderten Teil (Kapitel 4) werden die Aufsichtsfunktion und die besonderen Aufgaben des BPV im Zusammenhang mit der Umsetzung der neuen Transparenzvorschriften umschrieben.
Durch die notwendigen administrativen Massnahmen zur Transparenz, zur Mindestausschüttungsquote und zur Erfüllung der neuen BVG-Vorschriften werden die Lebensversicherer gefordert. Eine wichtige Aufgabe des BPV ist daher, mitzuhelfen, dass nicht auch noch zu hohe administrative Umtriebe das Gefährdungspotenzial für die Lage der angeschlossenen Vorsorgewerke und Versicherten merklich erhöhen. Gefährdungspotenziale sind etwa die Verminderung der Solvenz der Versicherer, die Migration leistungstragender Versichertensegmente und eine erhöhte Bereitschaft der Versicherer, sich aus der beruflichen Vorsorge, auf welche Weise auch immer, zurückzuziehen:
- Ein Rückzug der Versicherer würde schlussendlich dazu führen, dass vor allem die KMU sich nur noch bei der Auffangeinrichtung gegen die Risiken Alter, Tod und Invalidität umfassend absichern könnten.
- Die Auslagerung von Risiken durch die Versicherer auf Sammelstiftungen bedingte, dass Sanierungsklauseln in den Vorsorgereglementen, mit möglichen finanziellen Nachteilen für die versicherten Personen oder die Rentnerinnen und Rentner, generell in Kauf genommen werden müssten, wie dies bei den autonomen Vorsorgeeinrichtungen bereits heute der Fall ist.
- Ein anderer Ausweg für die Lebensversicherer bestünde darin, die Risikoselektion bei Neuabschluss oder Erneuerung von Versicherungs- und Anschlussverträgen empfindlich zu verschärfen. Den davon betroffenen Vorsorgewerken bliebe praktisch nur noch der Gang zur Auffangeinrichtung mit all den damit verbundenen Nachteilen und Leistungseinbussen.
- Nicht der Realität angepasste Leistungsvorgaben führen dazu, dass die leistungstragenden berufsaktiven Versichertensegmente gegenüber leistungsziehenden und migrierenden Versichertensegmenten benachteiligt werden. Die zurückbleibende Versichertengemeinschaft wird dadurch geschwächt, die Kosten steigen und der Versicherer kann in Solvenzgefahr geraten.
- Das BPV rechnet damit, dass die Lebensversicherer aufgrund der Rahmenbedingungen bis anhin getragene Risiken und gewährte Garantien in Zukunft mit wesentlich grösserer Zurückhaltung eingehen werden, soweit die Leistungsziele des Obligatoriums nicht beeinträchtigt sind. Eine solche Politik hat für neue Verträge mit den versicherten Vorsorgewerken zur Folge, dass beim nächsten Einbruch der Kapitalmärkte (Börsenbaisse, abrupter Zinsanstieg) oder bei schlechterer Wirtschaftslage nicht mehr der Versicherer die Verluste trägt, sondern Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich an den Sanierungsmassnahmen beteiligen müssen, wie dies bei den autonomen Vorsorgeeinrichtungen ebenfalls bereits heute der Fall ist.
Für das BPV ist die Lösung der komplexen Aufgabe ein eigentlicher Spagat: Einerseits sollen die Transparenzvorschriften streng umgesetzt und überwacht werden, um den Berufsaktiven und den Rentnern Einblick und Vertrauen in ihre eigene berufliche Vorsorge wieder zurückzugeben. Andererseits darf der Umsetzungs- und Überwachungsaufwand für die Versicherer nicht zu gross werden, um die vorgängig geschilderten Migrations-, Ausstiegs- und Insolvenzgefahren möglichst klein zu halten.
6. Anhang
- Neuer Art. 6a des Lebensversicherungsgesetzes (SR 961.61)
- BVG (SR 831.40), Erweiterung des Art. 68 um die Absätze 3 und 4, neuer Art. 68a
- Neue Art. 49 ff. der Lebensversicherungsverordnung
- Erläuterung zu den neuen Transparenzvorschriften im Lebensversicherungsgesetz und der zugehörigen Verordnung
- Rundschreiben des BPV an die in der beruflichen Vorsorge tätigen privaten Lebensversicherer vom 30. April 2004