1. Bestellung, Übergangsfristen
Muss jede Gruppe oder jedes Konglomerat einen VA bestellen?
Für jedes Versicherungsunternehmen (VU), welches der Aufsicht des BPV unterstellt ist, muss ein VA bestellt werden (Art. 23 VAG). Für Gruppen und Konglomerate besteht jedoch keine solche gesetzliche Pflicht.
Gemäss Art. 90 Abs. 4 VAG kann der Bundesrat zum Erwerb der beruflichen Qualifikationen für den VA eine Übergangsfrist bestimmen. Bedeutet dies, dass der VA die notwendigen Qualifikationen erst nach seiner Bestellung erwerben kann?
Der Bundesrat hat von der im VAG erwähnten Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht (siehe Art. 216 AVO). Der VA muss somit zum Zeitpunkt der Bestellung über die notwendigen beruflichen Qualifikationen verfügen.
Muss der VA Schweizer Bürger sein und / oder in der Schweiz wohnhaft sein?
Es gibt keine Anforderungen an die Nationalität oder den Wohnsitz des VA.
Muss der VA eine schweizerische Landessprache sprechen?
Nein. Er muss jedoch die regulatorischen Anforderungen verstehen.
2. Stellung des VA gegenüber dem Versicherungsunternehmen, Interessenskonflikte
Muss der VA ein Mitarbeiter des VU sein?
Nein, er muss nur namentlich bezeichnet sein. Er kann z.B. von einem Beratungsunternehmen angestellt sein, welches ein Mandat des VU hat.
Kann der VA eine Beratungsgesellschaft sein?
Nein, er muss eine namentlich bezeichnete natürliche Person sein.
Kann die Standeserklärung vom Arbeitgeber des VA unterzeichnet werden?
Nein, sie muss vom VA unterzeichnet werden.
Wie sind die Verantwortlichkeiten zwischen dem VA und der Geschäftsleitung geregelt?
Der VA muss Unzulänglichkeiten in den Gebieten, für die er verantwortlich ist, der Geschäftsleitung melden und allfällige Massnahmen vorschlagen. Es liegt jedoch in der Verantwortung der Geschäftsleitung, ob sie Massnahmen ergreift.
Kann der VA Mitglied des Verwaltungsrates oder der Geschäftsleitung des Versicherungsunternehmens sein?
Dies wird vom Gesetz nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Bei Interessenskonflikten kann die Aufsichtsbehörde jedoch die Bestellung des VA verbieten oder an Bedingungen knüpfen. Ein Interessenskonflikt wäre z.B. dann gegeben, wenn der VA den Aktuarsbericht de facto an sich selber richtet.
Kann der VA auch als "pricing actuary" tätig sein?
Falls die Gefahr eines Interessenskonfliktes besteht, darf er das nicht.
Kann der VA einer Captive-Gesellschaft ein Mitarbeiter der Muttergesellschaft sein?
Falls die Gefahr eines Interessenskonfliktes besteht, darf er das nicht.
Darf der VA Begünstigter eines "incentive plans" sein?
Ja, sofern dies nicht zu Interessenskonflikten führt. Eine Knüpfung der Entlöhnung des VA an den Unternehmenserfolg ist i.d.R. zulässig.
Kann der VA Mitglied der internen Kontrollstelle sein?
Nein. Die Gefahr eines Interessenskonfliktes wäre zu gross.
Kann der VA ein Mitarbeiter der Revisionsstelle des Unternehmens sein?
Dies wird vom VAG nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Bei einer solchen Konstellation ist jedoch die Gefahr von Interessenskonflikten gross. Eine Ausübung der Funktion des VA und der Revisionsstelle durch dasselbe Unternehmen ist bewilligungspflichtig. Das motivierte Gesuch wäre unter Kostenfolge und Darlegung der konkreten geplanten Organisation und der Trennungsmassnahmen dem BPV zu unterbreiten, welches nötigenfalls Anforderungen für den besonderen Fall im Sinne von Art. 114 Abs.3 AVO festlegen würde.
3. Aufgaben
Stimmt es, dass der VA nur für den Sollbetrag des gebundenen Vermögens zuständig ist?
Nein, der VA ist dafür verantwortlich, dass das ganze gebundene Vermögen (Aktiv- und Passivseite) den aufsichtsrechtlichen Vorschriften entspricht (Art. 24 VAG), wobei er hierfür bei den zuständigen internen Stellen die notwendigen Zusicherungen einholen kann.
Ist der VA auch verantwortlich für das Geschäft der Niederlassungen des VU?
Ja.
Der Inhalt des Aktuarsberichts ist in Art. 3 AVO-BPV umschrieben. Wird die Aufsichtsbehörde die Struktur des Berichtes mittels Weisung genauer festlegen?
Nein. Der genaue Inhalt des Berichtes hängt von der Situation des Unternehmens ab. Der Aktuar stützt sich bei der Verfassung des Berichtes auf seine fachlichen Kenntnisse und auf seine berufliche Erfahrung ab. Diesbezüglich erhält er Unterstützung von der SAV, welche in ihren fachlichen Stellungnahmen Richtlinien zum Aktuarsbericht in der Leben- und in der Schadenversicherung erlassen hat.
Geht der Aktuarsbericht an die Aufsichtsbehörde?
Nein, an die Geschäftsleitung. Die Aufsichtsbehörde hat jedoch jederzeit das Recht, den Aktuarsbericht einzusehen.
Muss der Aktuarsbericht in einer der Amtssprachen verfasst sein?
Nein, der Aktuarsbericht geht ja an die Geschäftsleitung (siehe letzte Frage) und muss von dieser verstanden werden. Das BPV kann sich allerdings vorbehalten, eine Übersetzung des Aktuarsberichts in eine Landessprache zu verlangen, sofern dieser in einem Verwaltungsverfahren eine Rolle spielen sollte.
Ist der VA für die richtige Durchführung des SST verantwortlich?
Der VA ist hierfür nur insoweit verantwortlich, als dies von seiner Ausbildung und Erfahrung sowie von der Grösse und Risikostruktur des VU her möglich ist. Er ist also nur für jene Bereiche des SST verantwortlich, die er von seiner Ausbildung und Erfahrung her effektiv beherrscht und die er unter Berücksichtigung der Grösse und der Risikostruktur des VU, für das er tätig ist, auch tatsächlich überblicken kann. Dies entbindet das VU nicht davon, die Verantwortung für die vom VA nicht abgedeckten Bereiche des SST zu übernehmen. Mithin tragen Verwaltungsrat und Geschäftsleitung eine Organisations- und Führungsverantwortung dafür, dass geeignetes Personal eingesetzt wird, welches für die vom VA nicht abgedeckten. Bereiche des SST die Fachveranwortung übernimmt (Art. 22 VAG sowie Art. 14 VAG in Verbindung mit Art. 12 und 14 AVO). Oft wird diese Verantwortung einem Chief Risk Officer übertragen, welcher nicht notwendigerweise Aktuar sein muss, jedoch eine mathematische Ausbildung (z.B. Mathematik, Physik u.ä) haben sollte.
Was ist unter sachgemässen Rechnungsgrundlagen gemäss Art. 24 Abs. 1b VAG zu verstehen?
Darunter sind die versicherungstechnischen Grundlagen (z.B. in der Lebensversicherung Sterbetafel, technische Zinssätze) zu verstehen.
4. Information
Welches sind die relevanten aufsichtsrechtlichen Vorschriften?
Art. 23 und 24 VAG, Art. 99 AVO, Art 2, 3 und 4 AVO-BPV sowie Weisung BPV vom 1.3.2006.
Erlässt das BPV noch weiterführende Richtlinien zu den Aufgaben des VA?
Nein. Die SAV erlässt jedoch in ihren fachlichen Stellungnahmen Richtlinien zum Aktuarsbericht.
Welche anderen Texte sollten berücksichtigt werden?
Die relevanten Richtlinien der SAV, welche unter den fachlichen Stellungnahmen der SAV zu finden sind.
Wo findet man die neuen BPV-Richtlinien?
Das BPV informiert jeweils die betroffenen Gesellschaften und stellt die Richtlinien ins Internet.