Struktur des Aufsichtssystems
Das schweizerische Aufsichtssystem beruht grundsätzlich auf der Aufgabenteilung zwischen der EBK als staatlicher Aufsichtsbehörde einerseits und privaten, von der EBK anerkannten Prüfgesellschaften andererseits. Dieses duale Aufsichtssystem gestattet es, die Prüfungen vor Ort den von der EBK anerkannten Prüfgesellschaften zu überlassen, während die Oberaufsicht und die Zwangsmassnahmen der EBK vorbehalten bleiben.
Die von der EBK anerkannten Prüfer und Prüfgesellschaften stehen zu den von ihnen überprüften Instituten in einem privatrechtlichen Auftragsverhältnis. Der Inhalt der Prüfungstätigkeit ist dagegen zur Hauptsache vom öffentlichen Recht festgelegt. Die Prüfgesellschaften üben als verlängerter Arm der EBK die unmittelbare Aufsicht durch regelmässige Prüfungen in den kontrollierten Instituten aus. Sie erfüllen eine öffentliche Aufgabe, verfügen aber über keine hoheitlichen Befugnisse. Sie haben jedoch der EBK über das Ergebnis ihrer Prüfungen Bericht zu erstatten. Die Kosten der Prüfung werden vollständig durch die kontrollierten Institute getragen.
Die EBK als Bundesverwaltungsbehörde hat alle erforderlichen hoheitlichen Befugnisse, ist jedoch bei der Überwachung der ihr unterstellten Institute weitgehend auf die ihr von den Prüfgesellschaften erteilten Informationen angewiesen. Nur in seltenen Ausnahmen nimmt die EBK direkte Kontrollen in den Instituten vor. Angesichts der Bedeutung, die den Grossbanken innerhalb des Schweizer Finanzsystems zukommt, führt die EBK bei den beiden Schweizer Grossbanken eigene Prüfungen durch. Ausserdem führt die EBK, im Zuge der Stärkung des Aufsichtssystems, bei den Prüfgesellschaften Qualitätskontrollen durch und begleitet diese von Zeit zu Zeit bei der Arbeit, die sie bei Banken oder Effektenhändlern ausübt.
Angesichts ihrer wichtigen Stellung im Aufsichtssystem haben die Prüfgesellschaften strengen Anerkennungsvoraussetzungen zu genügen. Ihre Prüfungspflichten gehen weit über diejenigen der obligationenrechtlichen Revisionsstelle hinaus. Neben der Prüfung der Jahresrechnung nach Form und Inhalt mit selbständiger Bewertung der Aktiven und Passiven hat die Prüfgesellschaft auch zu prüfen, ob die Bank oder der Effektenhändler Statuten und Reglemente sowie die Vorschriften der Bankengesetzgebung, die Weisungen der EBK und aufsichtsrechtlich relevante Standesregeln einhält.
Über das Ergebnis der ordentlichen, ausserordentlichen oder vertieften Prüfungstätigkeit sind detaillierte Prüfberichte zu erstatten, die für die Aufsichtsbehörde die wichtigsten Instrumente der Aufsicht darstellen. Bei Verdacht auf Gesetzesverletzungen oder sonstigen Missständen hat die Prüfgesellschaft ausserhalb der Prüfberichte der EBK unverzüglich Meldung zu erstatten. Die EBK ordnet in der Folge die Untersuchungen und Massnahmen an, die zur Wiederherstellung des gesetzmässigen Zustandes und zur Beseitigung der Missstände notwendig sind.
Im Übrigen sieht das schweizerische Aufsichtssystem in verschiedenen Bereichen eine Delegation gewisser Aufgaben an Selbstregulierungsorganisationen vor. Insbesondere im Bereich der Börsenaufsicht übernehmen die bewilligten Börsen weitgehende Zulassungs- und Überwachungsfunktionen. Die Schweizerische Bankiervereinigung und die Swiss Funds Association SFA erlassen zuhanden ihrer Mitglieder Richtlinien zur Selbstregulierung in bestimmten Bereichen der Banktätigkeit bzw. der kollektiven Kapitalanlagen. Die EBK anerkennt diese Richtlinien als zwingend einzuhaltende Mindeststandards. Sie gelten als Verhaltensregeln, deren Anwendung von den anerkannten Prüfgesellschaften zu überprüfen ist. Dies gilt namentlich für die Sorgfaltspflicht bei der Identifikation des Vertragspartners und der Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten, für die Verhaltensregeln beim Effektenhandel, die Richtlinien für Vermögensverwaltungsaufträge sowie die Richtlinien für die Prüfung, Bewertung und Abwicklung grundpfandgesicherter Kredite.
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