Das FINMA Rundschreiben "Vergütungssysteme" hat zum Ziel, die Vergütungspraktiken in der Finanzbranche nachhaltig zu beeinflussen. Vergütungssysteme sollen keine Anreize schaffen, unangemessene Risiken einzugehen und damit möglicherweise die Stabilität von Finanzinstituten zu beeinträchtigen. Ein Hauptaugenmerk liegt dabei auf den variablen Vergütungen. Bei der Ausgestaltung des Rundschreibens wurden sowohl Eingaben aus der Anhörung als auch internationale Entwicklungen berücksichtigt, insbesondere die vom Financial Stability Board vorgegebenen Standards. Das Rundschreiben tritt am 1. Januar 2010 in Kraft.
Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass Vergütungssysteme für das Risikomanagement von Finanzinstituten von erheblicher Bedeutung sind. Vergütungssysteme können mit falschen Anreizen dazu verleiten, unangemessene Risiken einzugehen, und so die Substanz und Ertragskraft eines Finanzinstituts und letztlich dessen Stabilität gefährden.
Die FINMA unterstellt die Vergütungspolitik von Finanzinstituten gestützt auf die Organisationsvorschriften der Finanzmarktgesetze daher aufsichtsrechtlichen Regeln. Sie erfüllt damit die Vorgaben des Financial Stability Board und anderer internationaler Gremien. Zudem handelt sie in Abstimmung mit massgeblichen Aufsichtsbehörden im Ausland.
Berücksichtigung der Anhörung
In ihrem verabschiedeten Rundschreiben bleibt die FINMA trotz vieler kritischer Reaktionen grundsätzlich auf der Linie ihres Anhörungsentwurfs. Sie nimmt aber einige wesentliche Änderungen vor. So wird das Rundschreiben zwingend nur für die sieben grössten Banken und fünf grössten Versicherungen gelten. Die Anbindung an den Begriff des ökonomischen Gewinns wurde ersetzt durch den wirtschaftlichen Erfolg, der jedoch alle Kapitalkosten (inkl. den Eigenkapitalkosten) und das Risikoprofil des Finanzinstituts berücksichtigen muss. Die Anpassung gesteht den Instituten mehr Flexibilität zu, hält aber am Charakter der variablen Vergütungen als Erfolgsbeteiligung fest. Klargestellt wurde zudem, dass Provisionsmodelle, wie sie beispielsweise in der Versicherungswirtschaft üblich sind, zwar von der Vergütungsregulierung erfasst werden, aber keineswegs verunmöglicht werden sollen. Andere Forderungen berücksichtigte die FINMA nicht. So folgte sie dem Wunsch nach einer absoluten oder relativen Begrenzung der Maximalsaläre nicht. Auch eine Einschränkung der Anwendbarkeit des Rundschreibens auf die beiden Grossbanken kam für die FINMA nicht in Frage.
Geltungsbereich des Rundschreibens
Das Rundschreiben richtet sich an alle Banken, Effektenhändler, Versicherungen sowie an alle Bewilligungsträger nach Kollektivanlagengesetz (KAG). Grosse Banken und Versicherungen sind zu einer zwingenden Umsetzung verpflichtet. Der Geltungsbereich wird durch Schwellenwerte auf Basis der erforderlichen Eigenmittel für Banken und der geforderten Solvabilitätsspanne bei Versicherungen festgelegt. Einbezogen sind Institute, die mindestens über zwei Milliarden Franken erforderliche Eigenmittel bzw. Solvabilität verfügen müssen. Mit der Festlegung der gegenüber der Anhörungsvorlage erhöhten Schwellenwerte will die FINMA vermeiden, dass den kleinen und mittleren Instituten unverhältnismässiger Umsetzungsaufwand entsteht. Für diese Institute stellen die Grundsätze des Rundschreibens jedoch Leitlinien dar, an denen sie sich bei der Festlegung ihrer Vergütungspolitik orientieren sollen. Die FINMA wird die Vergütungsthematik in ihrem risikobasierten Aufsichtsprozess vertieft einbeziehen. Sie behält sich vor, einzelne Institute unabhängig der Schwellenwerte verbindlich dem Rundschreiben zu unterstellen. Die FINMA wird von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, wenn dies aufgrund des Risikoprofils oder aufgrund von Missständen und unangemessenen Vergütungspraktiken angebracht ist.
Variable Vergütungen abhängig von Erfolg und Risiko
Ein besonderes Augenmerk des Rundschreibens gilt dem Umgang mit variablen Vergütungen. Die FINMA erachtet variable Vergütungen als Beteiligung der Mitarbeitenden am Erfolg des Unternehmens, indem sie verlangt, dass alle variablen Vergütungen vom Unternehmen langfristig auch verdient werden. Variable Vergütungen sind daher abhängig vom wirtschaftlichen Erfolg des Instituts, wobei die Nachhaltigkeit dieses Erfolges und die eingegangenen Risiken berücksichtigt werden müssen. Alle Kapitalkosten des Unternehmens sind dabei einzubeziehen, somit auch die Risikokosten der Eigenkapitalgeber bzw. Anteilseigner. Zudem sind die Auswirkungen der Vergütungspolitik auf die Kapital- und Liquiditätssituation der Institute zu berücksichtigen. Das Rundschreiben beschränkt die Höhe der variablen Vergütungen nicht. Es soll aber verhindern, dass allein die Übernahme grosser Risiken und kurzfristige, nicht nachhaltige Erträge zu hohen variablen Vergütungen führen.
Zudem erwartet die FINMA, dass gerade Personen in höheren Hierarchiestufen, mit massgeblicher Risikoverantwortung oder hohen Gesamtvergütungen einen bedeutenden Teil ihrer variablen Vergütung mit aufgeschobener Wirkung und damit risikogebunden erhalten. Indem der Wert der aufgeschobenen Vergütung, z.B. gesperrten Aktien, von der zukünftigen Entwicklung des Instituts und seiner Risiken abhängt, wird das Risikobewusstsein und der Anreiz zu nachhaltigem Wirtschaften gestärkt. Ergänzend begrüsst die FINMA "Clawback"- oder "Malus"-Vereinbarungen. Diese haben den Vorteil, dass sich die Abgeltung an konkrete, dem Verantwortungsbereich eines Mitarbeitenden zuzuordnende Risiken knüpfen lässt.
Strengere Transparenzpflichten
Die FINMA setzt sich aber dafür ein, dass durch Transparenz- und Berichterstattungspflichten die Marktdisziplin gestärkt wird. Hier nimmt die FINMA den Verwaltungsrat in die Pflicht. Dieser ist aufgefordert, die Vergütungspolitik des Unternehmens in einem Vergütungsbericht gegenüber Markt und Eigentümern offen zu legen. Die FINMA verlangt eine summarische Offenlegung der Vergütungsstruktur für alle Mitarbeitenden. Die FINMA sieht hingegen nicht vor, dass Vergütungen unter Namensnennung offen zu legen sind.
Kontakt
Dr. Alain Bichsel, Leiter Kommunikation, Tel. +41 (0)31 327 91 70,
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