Die FINMA äussert sich zu den Empfehlungen der Geschäftsprüfungskommissionen zur Finanzkrise und zur Herausgabe von UBS-Kundendaten. Sie betont in ihrer Stellungnahme die Unabhängigkeit ihrer Entscheidfindung. Sie wird die individuelle Verantwortung der obersten früheren UBS-Organe gestützt auf die heute vorliegenden Informationen nicht erneut untersuchen.
Die Geschäftsprüfungskommissionen der Eidgenössischen Räte haben am 31. Mai 2010 ihre Untersuchung "Die Behörden unter dem Druck der Finanzkrise und der Herausgabe von UBS-Kundendaten an die USA" publiziert. Die FINMA wurde aufgefordert, bis Ende 2010 zu den sie betreffenden Feststellungen und Empfehlungen Stellung zu nehmen. Sie veröffentlicht ihre Stellungnahme zu den von den GPK aufgebrachten Punkten mit den folgenden Schwerpunkten:
Unabhängige Entscheide der FINMA
Entscheide der FINMA werden ausschliesslich von der Sache und ihrem gesetzlichen Auftrag bestimmt und sind weder von Druckversuchen Dritter noch von der Beeinflussung durch die Beaufsichtigten gelenkt. Die FINMA fällt ihre Entscheide zur Wahrnehmung dieser Schutzfunktion unabhängig. Sie legt Wert auf die Feststellung, dass die damalige EBK (heute FINMA) aufgrund ihrer eigenen Einschätzung der Bedrohungslage dem Bundesrat rechtzeitig und transparent signalisierte, dass sie als ultima ratio in Erfüllung ihres gesetzlichen Mandats verpflichtet sei, auf der Grundlage des Bankengesetzes die Herausgabe der Kundendaten anzuordnen. Entgegen der Feststellung der GPK wurde die FINMA jedoch vom Bundesrat nicht gedrängt, diesen Entscheid zu treffen.
Keine weiteren Untersuchungen gegen frühere UBS-Organe aufgrund der heutigen Informationen
Die GPK forderten die FINMA auf, angesichts der grossen Tragweite dieser Affäre die Frage, wie viel die oberste Leitung der UBS von den QIA-Verletzungen der Bank und ihrer Mitarbeiter wusste, vertieft abzuklären. Die FINMA ist sich der Tragweite der Geschehnisse bewusst und hat daher die Möglichkeiten, die das Aufsichtsrecht für weitere Untersuchungen bietet, sorgfältig und unter Beizug externer Gutachten abgeklärt. Sie kam dabei zum Schluss, dass weder neue Indizien vorhanden sind, die ein Zurückkommen auf frühere aufsichtsrechtliche Untersuchungen gebieten, noch ihr dies die zur Verfügung stehenden Instrumente erlauben würden.
Die EBK setzte sich 2008 bei der Untersuchung der Vorgänge rund um die Verletzung amerikanischer Vorschriften im grenzüberschreitenden Private Banking vertieft und sorgfältig mit der Verantwortlichkeit des damaligen Head Wealth Management, des damaligen CEO und des damaligen Verwaltungsratspräsidenten auseinander. Sie prüfte insbesondere, ob sie individuell Verantwortung für die festgestellten Verletzungen des QIA durch die UBS AG trugen. Gestützt auf die im Rahmen einer umfangreichen Untersuchung greifbaren Informationen kam sie zum Schluss, dass kein Anlass bestehe, gegenüber der Bank deren Entfernung als Organe anzuordnen. Unter dem Vorbehalt, dass der FINMA keine bislang unbekannten Beweise für eine schwere Pflichtverletzung dieser Personen zugetragen werden, besteht auch heute kein Anlass, ein Gewährsverfahren zu eröffnen, sollten diese Personen erneut eine leitende Funktion bei einem Beaufsichtigten übernehmen. Die FINMA verlangt jedoch von diesen Personen eine förmliche schriftliche Erklärung, dass sie keine Kenntnisse von den nach Schweizer Aufsichtsrecht relevanten Pflichtverletzungen gehabt haben. Sollte sich herausstellen, dass diese Erklärung unwahr ist, würde dies eine Strafverfolgung nach sich ziehen. Bei verschiedenen Verantwortlichen unterhalb der obersten Führungsebene hätte die FINMA bereits aufgrund der vorliegenden Informationen Anlass, ein Verfahren zu führen, und würde dies auch tun, sofern diese in den nächsten Jahren eine Gewährsposition im beaufsichtigten Sektor anstreben.
Vertiefte Aussprachen zwischen FINMA und Bundesrat
Die GPK forderten den Bundesrat auf, den Präsidenten des FINMA-Verwaltungsrates regelmässig zu einer Aussprache einzuladen. Auf Anfrage des FINMA-Verwaltungsrates sollten auch ausserhalb dieser Treffen Aussprachen des FINMA-Verwaltungsratspräsidenten mit dem Wirtschaftsausschuss des Bundesrats stattfinden. Das Finanzmarktaufsichtsgesetz verlangt mindestens einmal eine Aussprache der FINMA mit dem Bundesrat. Die FINMA erachtet diesen Austausch als wertvolles Gegengewicht zu ihrer Unabhängigkeit und begrüsst daher ausdrücklich die Stossrichtung des Vorschlags der GPK. Auch Gespräche mit einem Ausschuss des Bundesrates erachtet sie als sehr wertvoll.
Zusammenarbeit zwischen FINMA und SNB
Die GPK verlangten eine Klärung der Rolle und Kompetenzen insbesondere zwischen SNB und FINMA. Die FINMA beurteilt die heutige gesetzliche Regelung als grundsätzlich richtig. Die heute bereits bestehende klare Zuweisung von Kompetenzen und Verantwortlichkeiten ist von zentraler Bedeutung. Aufsichtsinstrumente sollten möglichst nur
ein Ziel verfolgen und deren Einsatz sollte von
einer Behörde verantwortet werden. Auch bei neuen Instrumenten, die diskutiert werden, ist es notwendig, dass die Kompetenzen und Verantwortlichkeiten klar zugewiesen werden. Funktionale Überschneidungen oder gar eine Vermischung der Zuständigkeiten würden die Wirksamkeit der Instrumente in Frage stellen und letztlich beide Institutionen schwächen.
Kontakt
Dr. Alain Bichsel, Leiter Kommunikation, Tel. +41 (0)31 327 91 70, alain.bichsel@finma.ch