Für die Anlagetätigkeit der Versicherungsunternehmen bestehen auch mit Inkrafttreten des revidierten Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) und der revidierten Aufsichtsverordnung (AVO) am 1. Januar 2024 Vorgaben. Diese sollen sicherstellen, dass die Anlagetätigkeit insbesondere im Einklang mit der Risikofähigkeit, der Solvenz und der Geschäftstätigkeit der Versicherungsunternehmen erfolgt. Die bis zum 31. Dezember 2023 geltenden Anlagevorschriften für Versicherungsunternehmen finden sich hier.
Versicherungsunternehmen sind gesetzlich verpflichtet, die Ansprüche aus Versicherungsverträgen durch gebundene Vermögen sicherzustellen. Dies soweit sie nicht gemäss VAG (Art. 30a VAG oder Art. 35 VAG) davon befreit sind. Aus diesem Haftungssubstrat werden die Ansprüche der Versicherten vor denen aller anderen Gläubigerinnen und Gläubiger befriedigt, falls ein Versicherungsunternehmen in Konkurs geht.
Bei der Anlagetätigkeit müssen alle Versicherungsunternehmen gewisse Vorschriften beachten. Diese Vorgaben sind in der AVO festgelegt und leiten sich aus dem Grundsatz der unternehmerischen Vorsicht ab. So ist beispielsweise sicherzustellen, dass Versicherungsunternehmen ausschliesslich in Vermögenswerte und -instrumente investieren, deren Risiken sie hinreichend bewerten, überwachen, steuern und in ihre Berichterstattung einbeziehen können.
Daneben umfasst die AVO auch spezifische Vorgaben für die Anlage des gebundenen Vermögens sowie dessen Bestellung und Verwahrung. Sicherheit, Liquidität und Verfügbarkeit der Vermögenswerte spielen eine besondere Rolle, wenn Ansprüche aus Versicherungsverträgen sichergestellt werden sollen. Für eine Anlage von Teilen des gebundenen Vermögens in komplexere und risikoreichere Anlageklassen bedarf es deshalb einer vorgängigen Bewilligung durch die FINMA.
Die FINMA kontrolliert grundsätzlich jährlich oder bei speziellen Vorkommnissen die Einhaltung der Anlagevorschriften, insbesondere in Bezug auf das gebundene Vermögen. Dazu erhebt sie die notwendigen Informationen. Sie kann zusätzlich auch die Ergebnisse einer Kontrolle durch beauftragte Dritte nutzen.
Zur besseren Überwachung der Einhaltung der Vorschriften nimmt die FINMA bei ausgewählten Versicherungsunternehmen auch vertiefte Überprüfungen vor.
Im Folgenden sind Informationen zu den Vorgaben für die Anlagetätigkeit von Versicherungsunternehmen und zum gebundenen Vermögen im Hinblick auf das per 1. Januar 2024 revidierte VAG bzw. die per 1. Januar 2024 revidierte AVO ausgeführt.
Grundsätzlich ist in diesen Fällen ein Antrag notwendig. Dabei sind jedoch die Übergangsregelungen in Art. 216c Abs. 3 und 4 AVO zu beachten, insbesondere für Werte, die vor Inkrafttreten dem gebundenen Vermögen zugeführt wurden. Diese können nach Massgabe von Art. 216c Abs. 3 AVO während der Übergangsfrist von 3 Jahren ab Inkrafttreten der revidierten AVO weiterhin dem gebundenen Vermögen zugewiesen bleiben (die Übergangsfrist endigt nach den verwaltungsrechtlichen Regeln betreffend Fristberechnung am Montag, 4. Januar 2027 um Mitternacht).
Für die Zuweisung von bisher dem gebundenen Vermögen zuweisbaren Werten ausserhalb der Standardliste zum gebundenen Vermögen während der Übergangsfrist gilt:
Sofern das Versicherungsunternehmen bereits vor Inkrafttreten der revidierten AVO am 1. Januar 2024 zulässigerweise in Werte dieser Art investiert und diese auch dem gebundenen Vermögen zugewiesen hat, kann deren Zuweisung zum gebundenen Vermögen während der Übergangsfrist in vergleichbarem Umfang ohne Antrag erfolgen. So bedürfen bspw. Reinvestitionen in Werte ausserhalb der Standardliste im vergleichbaren Umfang und deren Zuweisung zum gebundenen Vermögen während der Übergangsfrist keinen Antrag an die FINMA. Das Versicherungsunternehmen bleibt jedoch weiterhin verantwortlich, rechtzeitig vor Ablauf der Übergangsfrist einen Antrag auf eigene Liste gemäss Art. 79 Abs. 1 AVO zu stellen.
Ein Antrag nach Art. 216c Abs. 3 Bst. c AVO ist vor der Zuweisung erforderlich, wenn die Zuweisung von Werten ausserhalb der Standardliste, in die das Versicherungsunternehmen bereits vor Inkrafttreten der revidierten AVO investiert hat, nicht im vergleichbaren Umfang erfolgen soll, sondern das Engagement wesentlich erhöht wird. Dasselbe gilt für Werte ausserhalb der Standardliste, in die das Versicherungsunternehmen zwar vor Inkrafttreten der revidierten AVO bereits investiert, jedoch nicht dem gebundenen Vermögen zugewiesen hat. Die neue Zuweisung dieser Werte zum gebundenen Vermögen bedarf eines Antrages nach Art. 216c Abs. 3 Bst. c AVO.
Sofern das Versicherungsunternehmen beabsichtigt, nach Inkrafttreten der revidierten AVO in Werte ausserhalb der Standardliste zu investieren, in die es bislang nicht investiert hat, setzt die Zuweisung dieser Werte zum gebundenen Vermögen ebenfalls einen Antrag nach Art. 216c Abs. 3 Bst. c AVO voraus.
Zu beachten ist dabei, dass sich die Übergangsbestimmung in Art. 216c Abs. 3 AVO nur auf bisher zuweisbare Werte bezieht. Andere Werte dürfen nach Inkrafttreten der revidierten AVO nicht ohne vorgängige Genehmigung der FINMA dem gebundenen Vermögen zugewiesen werden.
Versicherungsunternehmen haben allgemein die Vermögensanlage stets nach dem Grundsatz der unternehmerischen Vorsicht zu tätigen und müssen dabei die Anforderungen gemäss Art. 69a AVO einhalten. Diese Vorgaben sind auch bei einer Auslagerung der Vermögensverwaltung sicherzustellen. In diesem Fall sind geeignete Vorkehrungen zur Überwachung der Auslagerung zu treffen, welche die Überprüfung der Einhaltung von Art. 69a AVO gewährleisten. Das Versicherungsunternehmen bleibt auch bei einer Auslagerung der Vermögensverwaltung für die Einhaltung von Art. 69a AVO verantwortlich.
Vermögenswerte gemäss Art. 79 Abs. 2 AVO können ohne eine genehmigte unternehmenseigene Liste dem gebundenen Vermögen zugewiesen werden. Sollen Vermögenswerte dem gebundenen Vermögen zugewiesen werden, welche nicht in Art. 79 Abs. 2 AVO aufgeführt sind, erfordert dies die vorgängige Genehmigung einer unternehmenseigenen Liste gemäss Art. 79 Abs. 1 AVO. Vorbehalten bleiben die Übergangsregelungen gemäss Art. 216c AVO (vgl. auch vorstehend).
Die revidierte AVO und damit die neuen Regelungen zum gebundenen Vermögen sind seit dem 1. Januar 2024 in Kraft. Das FINMA-Rundschreiben 2016/5 "Anlagerichtlinien – Versicherer" vom 3. Dezember 2015 (FINMA-RS 16/5) ist bei Inkraftsetzung der AVO-FINMA per 1. September 2024 aufgehoben worden.
Nach Auffassung der FINMA erfüllt die bislang abzuschliessende FINMA-Zusatzvereinbarung die Anforderungen für die Fremdverwahrung sowie Konto- und Depotbeziehungen unter der revidierten AVO weitgehend, aber nicht vollumfänglich. Namentlich in Bezug auf die Haftung und die Belastung der Werte des gebundenen Vermögens besteht aus Sicht der FINMA Bedarf zur Neuregelung (vgl. nachfolgende Fragen zu den Erwartungen in Bezug auf die angemessene Haftung und das Belastungsverbot).
Die FINMA erwartet, dass die vertraglichen Grundlagen bei Fremdverwahrung sowie Konto- und Depotbeziehungen daraufhin untersucht und allenfalls angepasst werden, so dass die angemessene Haftung sowie das Belastungsverbot für Werte des gebundenen Vermögens ausnahmslos sichergestellt sind. Die angepassten vertraglichen Grundlagen werden von der FINMA eingefordert und sind entsprechend von den Versicherungsunternehmen einzureichen (Art. 87 Abs. 1 AVO).
Bei der Haftung erachtet die FINMA eine angemessene Haftung im Sinne von Art. 87 Abs. 2 Bst. a AVO in der Regel als gegeben, wenn diese in der einschlägigen Vertragsbeziehung entlang folgender Leitlinien geregelt ist:
Das Antragsformular steht ab dem 1. Januar 2026 in der EHP zur Verfügung. Im Antrag sind mitunter detaillierte Informationen zu den rückversicherten Anteilen der Rückstellungen (z.B. vertragliche Grundlage und Anrechnungswert) anzugeben sowie Bestätigungen zur Einhaltung der Anforderungen an die rückversicherten Anteile abzugeben.
Die zur Bestellung des gebundenen Vermögens beantragten rückversicherten Anteile der Rückstellungen können weiterhin in einer separaten Excel-Datei aufgeführt werden. Bereits bewilligte Rückversicherer bzw. rückversicherte Anteile sind nicht aufzuführen. Die Excel-Datei wird als Beilage in der EHP hochgeladen und zusammen mit dem Antragsformular über die EHP eingereicht.
Bei Genehmigung des Antrags teilt die FINMA die Zulassung der rückversicherten Anteile der Rückstellungen zur Bestellung des gebundenen Vermögens schriftlich mit.
Die Bestellung des gebundenen Vermögens mit rückversicherten Anteilen der Rückstellungen bei der Schadenversicherung erfordert einen Antrag zuhanden der FINMA (Art. 68 Abs. 2 AVO). Die Zulassung der FINMA bezieht sich auf die einzelnen rückversicherten Anteile der Rückstellungen, solange diese die allgemeinen Anforderungen (dazu nachstehend) einhalten, insbesondere die Begrenzungen gemäss Art. 83 Abs. 3 AVO.
Die FINMA erwartet einen Antrag nach Art. 68 Abs. 2 AVO in den nachfolgenden Fällen:
Der Antrag kann bei der FINMA eingereicht werden, sobald die entsprechenden vertraglichen Grundlagen bestehen. In Bezug auf die Bonität ist der Antrag unmittelbar nach Eintritt der Änderung einzureichen.
Die FINMA kann bei der Schadenversicherung auf Antrag die rückversicherten Anteile der versicherungstechnischen Rückstellungen ganz oder teilweise zur Bestellung des gebundenen Vermögens zulassen (Art. 68 Abs. 2 AVO). Die Zulassung der FINMA erfolgte bislang gemäss den Anforderungen im aFINMA-RS 16/5 (Rz. 160 ff.). Im Zuge der Revision der AVO-FINMA wurde das aFINMA-RS 16/5 aufgehoben. Die FINMA orientiert sich bei der Zulassung der rückversicherten Anteile der Rückstellungen zur Bestellung des gebundenen Vermögens daher ab dem 1. Januar 2026 an den allgemeinen Vorgaben für das gebundene Vermögen gemäss Art. 70 ff. AVO.
Mit Zulassung der rückversicherten Anteile der Rückstellungen zur Bestellung des gebundenen Vermögens bilden diese Anteile Bestandteil des gebundenen Vermögens und fügen sich mit den anderen Werten in die Zusammensetzung des gebundenen Vermögens ein. Damit haben sie zusammen mit den anderen Werten die gesetzlich vorgegebene Funktion des gebundenen Vermögens zu wahren, mithin ist deren Werthaltigkeit sicherzustellen. Dies liegt auch im Sinne des kundenschutzbasierten Aufsichtsansatzes der FINMA. Insofern ist die Berücksichtigung der Bestimmungen für die Werte des gebundenen Vermögens bei den zur Bestellung des gebundenen Vermögens zugelassenen rückversicherten Anteile angemessen und sachgerecht.
Rückversicherte Anteile der Rückstellungen bei bereits genehmigten Rückversicherer können zur Bestellung des gebundenen Vermögens im Rahmen der Vorgaben gemäss aFINMA-RS 16/5 Rz. 160 ff. zunächst weiterhin verwendet werden, d.h. auch nach Aufhebung des aFINMA-RS 16/5.
Bei Änderungen der Rückversicherungsverhältnisse mit bereits genehmigten Rückversicherer erwartet die FINMA ab dem 1. Januar 2026 jedoch einen neuen Antrag nach Art. 68 Abs. 2 AVO, und zwar namentlich in den folgenden Fällen:
Bei der Beurteilung dieses Antrags orientiert sich die FINMA an den allgemeinen Vorgaben für das gebundene Vermögen gemäss Art. 70 ff. AVO (vgl. auch vorstehend).
Die FINMA erwartet, dass die Versicherungsunternehmen ihre im gebundenen Vermögen zugelassenen Rückversicherungsverhältnisse im Hinblick auf die genannten Anforderungen überprüfen und bei Bedarf entsprechende Anpassungen vornehmen bzw. der FINMA entsprechend neue Anträge nach Art. 68 Abs. 2 AVO einreichen, sowie der FINMA mitteilen, wie und in welchem Zeitraum die neuen Vorgaben umgesetzt werden.
Anstatt der G-Formulare wird im Rahmen der regulären Berichterstattung über die Anlagetätigkeit ein neues Datenerhebungsformular verwendet, welches im Feldtest getestet wurde. Dieses Datenerhebungsformular ist Teil der jährlichen aufsichtsrechtlichen Berichterstattung.
Die finale Version des Datenerhebungsformulars sowie dessen Spezifikation werden sowohl auf dieser Homepage zu Informationszwecken als auch im Rahmen der regulären Berichterstattung auf der Erhebungs- und Gesuchsplattform (EHP) der FINMA im Q4 2024 aufgeschaltet.
Für das im Feldtest getestete Datenerhebungsformular und die Datenspezifikation sind Präzisierungen und kleinere Anpassungen geplant. Nach den Anpassungen werden diese Dokumente auf dieser Seite zu Informationszwecken zur Verfügung gestellt.