Die FINMA hat im Berichtsjahr zahlreiche angebotene und geplante Dienstleistungen im Kryptobereich analysiert. Sie präzisierte gegenüber den Instituten ihre Erwartung bezüglich der geldwäschereigesetzlichen Vorgaben. Diese Erwartungen teilte sie auch den Selbstregulierungsorganisationen (SRO) mit, die für zahlreiche Anbieter die Geldwäschereiaufsicht wahrnehmen. Zudem war im Allgemeinen die Entwicklung bei den präventiven Meldungen an die Meldestelle für Geldwäscherei (MROS), für die vermehrt die Transaktionsüberwachung als Informationsquelle diente, positiv. (…)
Die Bekämpfung von Geldwäscherei ist eine zentrale Aufgabe der FINMA. Auch im Berichtsjahr kontrollierte diese im Rahmen der Geldwäschereiaufsicht die Dispositive von Banken und präzisierte ihre entsprechenden Anforderungen.
Im Rahmen der Geldwäschereiaufsicht stellte die FINMA bei verschiedenen Banken Schwachstellen im Umgang mit komplexen Strukturen fest. Mit den Fällen Petrobras, Odebrecht, 1MDB, Panama Papers, FIFA oder PDVSA hatten sich in den vergangenen Jahren zahlreiche grosse Geldwäschereiskandale ereignet, und die Institute hatten in der Folge ihr Geldwäschereidispositiv verbessert. Es bestand aber auch 2022 Verbesserungspotenzial bei der Wahrnehmung der diesbezüglichen Sorgfaltspflichten. Im Vordergrund der Aufsichtstätigkeit standen dabei die Kriterien zur Qualifikation von komplexen Strukturen, Abklärungen über die Gründe für die Verwendung von Sitzgesellschaften sowie ein effizientes Transaktionsmonitoring über solche Strukturen.
In verschiedenen Fällen wurden die Kriterien für die Qualifikation der Komplexität einer Struktur gar nicht definiert oder zu mechanisch eingesetzt, indem etwa als einziges Kriterium eine bestimmte Anzahl involvierter Gesellschaften bestimmt wurde. Weiter stellte die FINMA fest, dass Institute bei von Dritten aufgesetzten Strukturen die Hintergründe nicht genügend abklärten und damit die Risiken falsch einschätzten. Auch legte eine Bank komplexe Strukturen in ihrem Kundenportfolio nicht gesamtheitlich dar und klassifizierte nicht alle betroffenen Geschäftsbeziehungen als Beziehungen mit erhöhten Risiken, obwohl diese so zu qualifizieren gewesen wären.
Vor-Ort-Kontrollen führten als wichtiges Instrument der Aufsicht auch 2022 zu weiteren Erkenntnissen. Nachfolgend eine Auswahl:
Zielmärkte: Banken hielten die von ihnen festgelegten Vorgaben betreffend ihre Zielmärkte teilweise nicht ein. Geschäftsaktivitäten ausserhalb der definierten Zielmärkte erhöhten aufgrund der fehlenden Abstimmung mit dem implementierten Risikomanagement das Geldwäschereirisiko erheblich.
Risikoanalyse: Die Risikoanalyse nach Geldwäschereiverordnung-FINMA (Art. 25 Abs. 2 GwV-FINMA) ist ein wichtiges Instrument der strategischen Leitung zur Erfassung und Minderung der Risiken und zur Bestimmung der für die Tätigkeit des Finanzinstituts relevanten Risikokriterien. Sie dient aber auch der Klarstellung, welche Geldwäschereirisiken nicht im Einklang mit dem Risikoappetit der Bank sind. In den Vor-Ort-Kontrollen zeigte sich, dass zwar jeweils eine Risikoanalyse vorgenommen wurde, dabei aber keine Unterscheidung zwischen inhärenten Risiken und Restrisiken stattfand. Eine Auflistung, welche Massnahmen er¬griffen werden, um das Restrisiko zu senken, existierte häufig ebenfalls nicht.
In den vergangenen Jahren hat die Zahl der Verdachtsmeldungen von Banken an die Meldestelle für Geldwäscherei (MROS) markant zugenommen. Um eine effektive Bearbeitung der Meldungen durch die MROS zu ermöglichen und aufgrund der daraus gezogenen Erkenntnisse rasch Massnahmen umsetzen zu können, ist die Qualität der Meldungen von grosser Wichtigkeit. Die FINMA beobachtete 2022 mehrfach eine mangelhafte Qualität der von Finanzintermediären an die MROS gesendeten Verdachtsmeldungen. So fehlten Unterlagen, Sachverhalte waren nicht korrekt erfasst worden, oder Kontoinformationen waren ungenügend aufgeführt. Die MROS bestätigt dieses Bild.
Systematische Mängel in der Datenqualität können auf organisatorische Mängel und fehlerhafte Prozesse und Kontrollen bei den Finanzintermediären hinweisen.
Die Schweizer Bestimmungen zum Austausch von Informationen im Zahlungsverkehr (auch als Travel Rule bezeichnet) gelten auch im Blockchain-Bereich (siehe FINMA-Aufsichtsmitteilung 02/2019 «Konsequente Geldwäschereibekämpfung im Blockchain-Bereich» ). Um die Travel Rule einzuhalten, muss der Finanzintermediär die Verfügungsmacht von Kundinnen und Kunden über sogenannte Wallets prüfen, die dem Zugang zu Kryptovermögen dienen. Hierfür erachtet die FINMA verschiedene Methoden als angemessen (siehe «FINMA-Jahresbericht 2020» ).
Neu zu den angemessenen Prüfmethoden hinzugekommen ist das Time-Boxing-Verfahren. Dabei wird anstelle einer vorangehenden Mikrotransaktion ein Betrag von den Kundinnen und Kunden direkt überwiesen. Letztere müssen die Transaktion und den gewünschten Betrag voranmelden, woraufhin der Finanzintermediär ihnen die Adresse sowie ein kurzes Zeitfenster (Time Box) zur Verfügung stellt. Innerhalb dieser Angaben lässt sich die vereinbarte Transaktion vornehmen. Der Nachweis der Verfügungsmacht erfolgt über die Überprüfung, ob diese Vorgaben eingehalten werden. Ebenfalls neu hinzugekommen ist das Wallet-Log-in der Kundinnen und Kunden in Anwesenheit von Mitarbeitenden des Finanzintermediärs. Sofern der Vorgang hinreichend dokumentiert wird, ist auch diese Massnahme im Sinne der FINMA-Aufsichtsmitteilung 02/2019 «Konsequente Geldwäschereibekämpfung im Blockchain-Bereich» geeignet.
Der Nachvollzug der Revision des Bundesgesetzes über die Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung (GwG) führte zu Anpassungen an der Verordnung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht über die Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung im Finanzsektor (GwV-FINMA), die per 1. Januar 2023 in Kraft getreten sind. Namentlich wurde die GwV-FINMA dahingehend ergänzt, dass die Finanzintermediäre über die Kriterien für die risikobasierte, periodische Überprüfung der Aktualität der Kundendaten eine interne Weisung zu erlassen haben.
Die FINMA stellte klar, dass die Finanzintermediäre für den physischen Vertrieb von virtuellen Währungen (Kauf, Verkauf und Wechsel von Kryptowährungen, insbesondere über Automaten) sowie für den Wechsel von virtuellen Währungen gegen andersartige anonyme Zahlungsmittel technische Vorkehrungen treffen müssen, um zu vermeiden, dass der Schwellenwert von 1000 Franken innerhalb von 30 Tagen überschritten wird. Damit wird auf die festgestellten Missbrauchsfälle der jüngsten Vergangenheit reagiert.
(Aus dem Jahresbericht 2022)