Die konsequente Einhaltung des Dispositivs zur Abwehr krimineller Gelder ist für den exportorientierten und international vernetzten Schweizer Finanzplatz von strategischer Wichtigkeit. Ein bedeutender Teil des Dispositivs ist das Meldewesen nach dem Geldwäschereigesetz (GwG). Wenn kriminelle Marktteilnehmer davon ausgehen, dass Finanzinstitute verdächtige Gelder mit hoher Wahrscheinlichkeit der Meldestelle für Geldwäscherei (MROS) melden, werden sie weniger kontaminierte Mittel in die Schweiz bringen; zudem können die Meldungen zum Erfolg der Arbeiten der Strafverfolgungsbehörden beitragen. Die FINMA hat ihre Aufsicht und ihre Abklärungen im GwG-Meldewesen deshalb intensiviert. Im Jahr 2017 führte sie 23 Vor-Ort-Kontrollen zur Thematik durch. Ebenfalls erstattete sie in 7 Fällen Strafanzeige wegen Verletzung der Meldepflicht (Art. 9 in Verbindung mit Art. 37 GwG). In mehreren Fällen ergriff die FINMA selbst Enforcementmassnahmen.
Im Rahmen ihrer Aufsichts- und Enforcementtätigkeit begegnete die FINMA im Berichtsjahr sowohl guten wie auch schlechten Praxisbeispielen. Nachfolgend werden einige typische Konstellationen beschrieben.
Gegen den Kunden wurde ein Strafverfahren wegen einer schweren Straftat eingeleitet. Nach erfolgten Abklärungen erstattet der Finanzintermediär eine Meldung, weil er nicht ausschliessen kann, dass die betroffenen Vermögenswerte im Zusammenhang mit dieser Straftat stehen könnten.
Ein Finanzintermediär führt aufgrund von Medienberichten im Zusammenhang mit einer mutmasslichen Straftat seines Kunden besondere Abklärungen durch. Dabei prüft er die Angaben nach dem Grundsatz «Know your customer» (KYC), unterzieht die Geldflüsse und die zeitlichen Abläufe einer vertieften Prüfung und dokumentiert seine Recherchen. Der Finanzintermediär kommt zum Schluss, dass die Vermögenswerte nachweislich nicht aus dem in der Presse geschilderten Sachverhalt stammen können und nicht inkriminiert sind. Er dokumentiert seine Analyse.
Der Finanzintermediär hat in internen Weisungen geregelt, bei welchen Konstellationen er ausnahmsweise auch die FINMA nach Art. 34 GwV-FINMA über eine erstattete Meldung informiert. Dazu gehören die Verwicklung der gemeldeten Kundenbeziehung in einen bedeutenden internationalen Geldwäschereiskandal oder ein Fall, der sich zu einem solchen Geldwäschereiskandal entwickeln könnte, weil zum Beispiel der Kunde eine politisch exponierte ausländische Person ist und Gelder in Millionenhöhe empfangen hat.
Eine international tätige Vermögensverwaltungsbank führt keinen regelmässigen Abgleich ihres Kundenstamms mit einer Datenbank eines externen Compliance-Anbieters durch. Sie verpasst bekannte Neuigkeiten über ihren Kunden und erkennt den meldepflichtigen Sachverhalt nicht.
Ungewöhnliche Transaktionen sind mit einer strafbaren Handlung im Ausland mit mehrjähriger Freiheitsstrafe als Strafandrohung in Verbindung zu setzen. Der Finanzintermediär wartet mit einer Meldung zu. Stattdessen mandatiert er eine Anwaltskanzlei, die ein umfangreiches Rechtsgutachten zum ausländischen Straftatbestand und dessen Eignung als Vortat zur Geldwäscherei erstellt (siehe Urteil des Bundesverwaltungsgerichts B-6815 / 2013 vom 10. Juni 2014).
Der Finanzintermediär klärt im Zusammenhang mit einer zweifelhaften Geschäftsbeziehung mit bedeutenden Vermögenswerten die Verdachtshinweise ab und kommt zum Schluss, dass kein meldepflichtiger Sachverhalt vorliegt. Er dokumentiert weder seine Abklärungen noch die Gründe, weshalb er zudem das Melderecht nicht ausgeübt hat.
Eine politisch exponierte Person (PEP) benutzt eine Offshore-Sitzgesellschaft für die Entgegennahme eines zweistelligen Millionenbetrags für «Beratungsdienstleistungen » im Rohstoffgeschäft. Im Rahmen der Abklärungen erhält der Finanzintermediär einen schriftlichen Beratungsvertrag, der weder Zeitraum noch Gegenstand der Beratungsdienstleistungen umschreibt. Es ist nicht erkennbar, was den «Berater» qualifiziert, die behaupteten Beratungsleistungen zu erbringen. Der Finanzintermediär beendet die Kundenbeziehung ohne weitere Abklärungen und ohne eine Meldung zu erstatten.
Nicht nur die FINMA nimmt Mängel im GwG-Meldewesen wahr. Auch die Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF) kritisierte in der letzten Länderprüfung die Schweiz diesbezüglich. Meldungen sollten demnach weniger infolge öffentlicher Informationen wie Medienberichte ausgelöst werden, sondern bereits aufgrund der Erkenntnisse des Transaktionsmonitorings der Finanzintermediäre selbst. Die aufsichtsrechtlichen Prüfgesellschaften sollten die Einhaltung der Meldepflicht bei verdächtigen Transaktionen zudem intensiver prüfen. Hier zeigt sich der Zusammenhang zum Risikomanagement der Finanzintermediäre: Erst mit sinnvoll gewählten Kriterien für Geschäftsbeziehungen und Transaktionen mit erhöhten Risiken lassen sich im Rahmen einer risikobasierten Geldwäschereiprävention begründete Verdachtsmomente identifizieren, die dann gegebenenfalls zu einer Meldung bei der MROS führen.
Zu den Sorgfaltspflichten von Finanzintermediären gehört es, Kriterien zu entwickeln, die auf Geschäftsbeziehungen mit erhöhten Risiken hinweisen. Die Geldwäschereiverordnung-FINMA (GwV-FINMA) und ihr Anhang enthalten nicht abschliessende Listen möglicher Risikokriterien betreffend Geldwäscherei. Entscheidend ist, dass die Wahl der effektiv von einem Finanzintermediär verwendeten Risikofaktoren auf einer fundierten Risikoanalyse seiner Kundenbasis beruht.
Im Rahmen der Aufsichtstätigkeit und statistischer Auswertungen der jährlichen GwG-Prüfungen beobachtete die FINMA folgende Umsetzungen:
Neben Geschäftsbeziehungen müssen auch Transaktionen mit erhöhten Risiken identifiziert werden. Die Transaktionsüberwachung muss beispielsweise Transaktionen in Risikoländer, Abweichungen von üblichen Mustern der Geschäftsbeziehung oder Abweichungen gegenüber vergleichbaren Geschäftsbeziehungen feststellen können. Auch das Transaktionsmonitoring hat der Geschäftstätigkeit eines Finanzintermediärs zu entsprechen. Jenes einer Vermögensverwaltungsbank mit internationaler Kundschaft ist eher auf Korruptionsrisiken, das einer Retailbank beispielsweise eher auf Risiken aus dem Drogenhandel auszurichten.
Bei der Umsetzung des Tansaktionsmonitoring stiess die FINMA im vergangenen Jahr auf eine Reihe illustrativer positiver und negativer Beispiele:
(Aus dem Jahresbericht 2017)