Innovation ist ein wichtiger Faktor für einen wettbewerbsfähigen und zukunftsfähigen Schweizer Finanzplatz. Sie ist eine Voraussetzung dafür, dass der Finanzmarkt dynamisch bleibt und sich weiterentwickeln kann. Die FINMA steht mit unterschiedlichsten Anspruchsgruppen im Bereich Fintech in Kontakt und stellt sich laufend auf neue Herausforderungen ein. So bietet sie unter anderem interessierten Personen einen direkten Informations- und Kontaktkanal für Fintech-Anliegen an.
Bereits im Jahresbericht 2015 berichtete die FINMA über den wachsenden Trend «Fintech». Das Interesse an der Digitalisierung im Finanzsektor akzentuierte sich seither in der Schweiz weiter. Die FINMA konnte dabei sowohl im Geschäftskundensegment (Businessto- Business [B2B]) wie auch im Endkundengeschäft (Business-to-Customer [B2C]) einen Anstieg an neuen Dienstleistungsangeboten beobachten. Weiter nahm die Zahl der Forschungsinitiativen, der Unterstützungsprogramme und der Start-up-Unternehmen im Bereich Fintech zu. Die FINMA hat zum Thema Fintech mit Wissensträgern, Unternehmen und Verbänden einen eingespielten Dialog etabliert, der es ihr erlaubt, über die neusten Entwicklungen auf dem Laufenden zu sein.
Auch organisatorisch konzentrierte sich die FINMA darauf, den veränderten Gegebenheiten im Markt angemessen Rechnung zu tragen. So kam sie dem bereits Ende 2015 von der Fintech-Branche angemeldeten Bedürfnis nach, einen zentralen Zugang zu relevanten Informationen einzurichten. Seit Anfang 2016 ist der FINMA-Fintech-Desk operativ. Er bündelt alle Anfragen im Zusammenhang mit Fintech. Dank der damit bewirkten Spezialisierung können Anliegen zu verschiedenen Fintech-Bereichen zielgerichtet und rasch behandelt werden. Interessierte Personen aus dem Publikum, Start-up-Unternehmen oder etablierte Finanzdienstleister erhalten Fintech-spezifische Auskunft zu finanzmarktrechtlichen Fragen über einen eigens eingerichteten Kontaktkanal
Die FINMA gestaltet ihre Regulierungen konsequent technologieneutral aus. Das Aufsichtsrecht soll gegenüber technologischen Entwicklungen und Geschäftsmodellen neutral sein, diese also weder aktiv fördern noch behindern. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Anforderungen an die Erbringung von Dienstleistungen über digitale Kanäle zwingend identisch sind mit jenen für die analoge Dienstleistungserbringung. Vielmehr ist entscheidend, dass der Zweck einer Regelung – etwa die Begrenzung des Geldwäschereirisikos – gewahrt bleibt, unabhängig davon, ob die Marktteilnehmer ihre Dienstleistungen in analoger oder digitaler Form anbieten. Mit dem Rundschreiben 2016/7 «Video- und Online- Identifizierung» hat die FINMA die Voraussetzungen geschaffen, Kunden bei der Neuaufnahme einer Geschäftsbeziehung per Internet zu identifizieren. Dabei übertrug sie die Vorschriften zur Prüfung von Ausweisdokumenten in die digitale Umgebung.
Da eine taktile Überprüfung im Internet nicht möglich ist, definierte die FINMA die notwendigen technischen Voraussetzungen, zum Beispiel hinsichtlich der optischen Prüfung von Sicherheitsmerkmalen im Video-Chat. Dabei entspricht die Video-Identifizierung der Identifizierung am Schalter, während die Online-Identifizierung das Pendant zur bisherigen Identifizierung auf dem Korrespondenzweg darstellt.
Im Umgang mit dem Thema Fintech verfolgt die FINMA die drei Prinzipien «Technologieneutralität wahren», «Rechtssicherheit schaffen» und «Prinzipienbasiert regulieren». Sie untersucht ihre Regulierung systematisch auf Markteintrittshürden für technologiebasierte Geschäftsmodelle. Ein Beispiel hierfür bildet das Rundschreiben 2016/7 «Video- und Online-Identifizierung». Es demonstriert prinzipienbasierte Regulierung, denn das schlanke Regelwerk gewährt den Anbietern Flexibilität in der individuellen Ausgestaltung und der technischen Umsetzung. Damit wurden die Rahmenbedingungen für innovative Geschäftsmodelle erweitert.
Weiter ermöglichte die FINMA den digitalen Abschluss von Vermögensverwaltungsverträgen. Bis anhin hatte das FINMA-Rundschreiben 2009/1 «Eckwerte zur Vermögensverwaltung» einen schriftlichen Vermögensverwaltungsvertrag verlangt. Die FINMA revidierte dieses Rundschreiben und verankerte alternative Formen des Vertragsabschlusses über digitale Kanäle. Vorbehalten bleiben die Formvorschriften gemäss Kollektivanlagegesetz. Die Änderungen traten am 1. August 2016 in Kraft.
Will die Schweiz nachhaltig bessere Rahmenbedingungen für Fintech bieten, so muss sich auch der übergeordnete Rechtsrahmen weiterentwickeln. Die FINMA führte einen intensiven Dialog mit der Fintech-Branche und den Vertretern der etablierten Finanzdienstleister, um Hindernisse im Bereich der aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen zu identifizieren. Die grössten Hürden für Fintech-Unternehmen schafft die Bankengesetzgebung. Zudem wurde geprüft, welche Initiativen andere Finanzzentren im Bereich Fintech verfolgen. Vor diesem Hintergrund hat die FINMA die Schaffung eines griffigen und zukunftsorientierten Rechtsrahmens vorgeschlagen. Das vorgelegte Konzept zur Anpassung des Bankgesetzes beruht auf zwei Pfeilern: der Erweiterung des bewilligungsfreien Raums als «Sandkasten» zur unbürokratischen Erprobung innovativer Geschäftsmodelle und einer neuen Bewilligungskategorie, die auf etablierte Fintech-Unternehmen zugeschnitten ist, die kein bankentypisches Geschäft betreiben und daher nicht wie Banken reguliert werden müssen. Die Bewilligungsvoraussetzungen können wegen der geringeren Risiken weniger umfassend ausfallen als bei einer herkömmlichen Bankbewilligung. Die vorgeschlagene Bewilligung würde eine signifikante Herabsetzung der Markteintrittsbedingungen, insbesondere bei den Kapitalanforderungen und Anforderungen an Corporate Governance und Risikomanagement, für Anbieter von Zahlungssystemen und Applikationen für die digitale Vermögensverwaltung sowie für Crowd-Plattformen mit sich bringen. Das Konzept versteht sich nicht im Sinn einer neuen Regulierung, sondern als Erleichterungen zur bestehenden Regulierung.
Der Bundesrat hat die Vorschläge der FINMA aufgenommen und weiterverfolgt. Mit der Eröffnung der Vernehmlassung zur Revision der Bankengesetzgebung ist Anfang 2017 zu rechnen.
Auch auf internationaler Ebene wird das Thema Fintech intensiv diskutiert. Die FINMA setzt sich für einen international wettbewerbsfähigen Fintech-Standort Schweiz ein. Im Jahr 2016 brachte sich die FINMA in die internationale Diskussion ein. Sie stärkte die Zusammenarbeit im Bereich Digitalisierung und Finanztechnologie mit anderen relevanten ausländischen Aufsichtsbehörden. Am 12. September 2016 unterzeichnete sie eine Vereinbarung mit der Monetary Authority of Singapore (MAS), die eine Vertiefung der Zusammenarbeit im Bereich Fintech bezweckt. Im Jahr 2017 ist der Abschluss weiterer Kooperationsvereinbarungen geplant.
Die FINMA sieht sich verstärkt mit Fintech-Geschäftsmodellen in hoher Diversität konfrontiert. So zählen zur Fintech-Landschaft in der Schweiz Dienstleistungen im Bereich des Zahlungsverkehrs, virtuelle Währungen, Kapitalbeschaffung, Vermögensverwaltung, Banking-Technologie/Handelsplattformen, Versicherungen und Datenmanagement. Im Jahr 2016 gingen rund 270 Anfragen mit Fintech-Bezug bei der FINMA ein. Sie betrafen in erster Linie die Kapitalbeschaffung (22 Prozent), Zahlungsverkehrsdienstleistungen (31 Prozent) und virtuelle Währungen (22 Prozent).